„Berlin avancierte nach dem Mauerfall zur Weltclubhauptstadt. Die Clubszene wurde zum berühmten Aushängeschild der Stadt. 30 Jahre lange haben sich Ost und West auf dem Dancefloor vereinigt - dann kam der Lockdown. In einem Mix von Videos, Beats und Insider-Gesprächen erzählt die Show von der glorreichen Vergangenheit, der tristen Gegenwart und der ungewissen Zukunft der Berliner Clubs." (Veranstaltungstext)Insgesamt sechsmal lief die Theatershow unter großem Beifall im KitKatClub, von September 2022 bis Juli 2023. TD Berlin lässt darin Türsteher, Ex-Dealer, DJs und Clubgrößen wie Dimitri Hegemann, Carlo Nogossek, Mark Reeder, Namito und viele andere mehr in einer so fulminanten wie inspirierenden Zitatcollage zu Wort kommen, inklusive Livemusik und Filmprojektionen. Jetzt ist sie noch einmal zu sehen und zu erleben und zwar am Donnerstag den 11. Juli 2024, 21 Uhr: „Nach erfolgreicher Tour durch das Programm des legendären KitKatClubs kehrt die Show nun zu ihrem Premierenort zurück: auf den Platz vor dem Podewil, das einst den einzigen DDR-Club beherbergte. Die historische Fassade gegenüber dem TD Berlin wird als Kulisse spektakulärer Visuals genutzt und beschwört die Atmosphäre durchtanzter Clubnächte.“ Von Fabian Gerhardt (Regie), CRUSHED (Musik), Vincent Stefan (Video) und Lars Werner (Dramaturgie). Mit Sophia Euskirchen, Miša Cvijovic, Max Schimmelpfennig und Uroš Petkovic. Der Eintritt ist frei.
"Die Ästhetik des BDSM ist schon lange nicht mehr allein ein Erkennungsmerkmal sexueller Subkulturen, sondern scheint fast wie selbstverständlich im Mainstream angekommen zu sein — auch in der Kunst. Aber woher kommt diese Begeisterung?" (detektor.fm)Die November-Ausgabe 2023 von Monopol - Untertitel "Magazin für Kunst und Leben" - beschreibt neuere Entwicklungen in der zeitgenössischen Kunst anhand verschiedener aktueller Beispiele, die vordergründig zunächst als Folge der Pandemie und mehr noch der fortschreitenden Digitalisierung interpretiert werden. Die "Obsession mit dem Sex" würde zur Gegenbewegung zu einer immer komplizierter und rationaler werdenden modernen Welt und so spitzt Sebastian Frenzel, stellvertretender Chefredakteur von Monopol folgerichtig zu: "Je abstrakter die Arbeit wird, desto größer die Sehnsucht nach Sinnlichkeit und nach beseelten Dingen und desto größer die Lust auf körperliche Erfahrungen." Und Elke Buhr, die Chefredakteurin, unterstreicht im Editorial dieser Ausgabe: "Angst, Lust, Ekel, Begehren: Die Moderne kann noch so vernünftig tun, die menschlichen Affekte bleiben zentrale Triebfedern des menschlichen Handelns." Beide liegen damit auf einer analytischen Linie, die schon Max Weber, einer der Begründer der modernen Soziologie, vor über hundert Jahren mit seiner Generalthese von der "Entzauberung der Welt" in der Moderne vorgegeben hatte bzw. etwas später der Soziologe Norbert Elias in seinem Klassiker und Hauptwerk 'Über den Prozeß der Zivilisation', der über fortschreitende Rationalisierung, Ausbildung von Langsicht, zunehmende Affektkontrolle bzw. Verwandlung von äußeren Zwängen in Selbstkontrolle und resultierender Befriedung öffentlicher Räume die Gefühle der Menschen immer weiter domestiziere. Dabei liessen diese fundamentalen und wissenschaftlich sehr einflussreichen Zeitdiagnosen allerdings immer weitgehend offen, wo, wie und in welchem Umfang bzw. in welcher Intensität emotionale Grundbedürfnisse doch noch bzw. weiterhin Erfüllung finden könnten... Mit Klick auf den Titel gelangt man zunächst im KitKat-Pressespiegel zu einem knapp 30minütigen Podcast, in dem detektor.fm-Moderatorin Aileen Wrozyna mit Elke Buhr und Sebastian Frenzel über das Schwerpunktthema der November-Ausgabe von Monopol spricht. Ein Kontextlink führt außerdem noch zu einer frei anklickbaren Leseprobe, nämlich zum Editorial von Elke Buhr und zum Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe. Die bringt u.a. einen Vergleich von Freud und Kafka als Inspiratoren von Kunst, ein Porträt des US-Künstlers Paul McCarthy, erotische wie erheiternde nackte Männer der Londoner Fotografin Yushi Li oder eine Vorschau auf die Kunstmesse Art de Cologne.
"Mit einem populären, aber oft verschwiegenen Thema beschäftigt sich das Grazer Volkskundemuseum in seiner neuen Ausstellung: "Schaulust! Pornografie und Alltag", die sich dem Thema unter anderem aus kulturanthropologischer Sicht widmet." (puls24.at) Die Schau unterteilt sich in verschiedene Themenbereiche und legt einen Schwerpunkt auf die Darstellung aktueller wissenschaftlicher Diskussionen und Forschungsergebnisse, um Pornografie als popkulturelles Massenphänomen zu würdigen. Sie spannt dabei einen weiten historischen Bogen, z.B. von Darstellungen aus dem 16. Jahrhundert oder frühen Schwarz-Weiß-Fotografien, über das Unternehmen von Beate Uhse, die Jugendzeitschrift Bravo, die PorNO-Kampagne von Alice Schwarzer und rechtliche Aspekte bis hin zu den vielfältigsten Erscheinungen der Gegenwart wie die Allgegenwart der Online-Pornografie, Onlyfans oder alternative Ansätze. Ziel sei es nicht, "eine pornografische Kuriositätenschau zu präsentieren, die den Voyeurismus bedient, sondern um ein Angebot zum Schauen und einen Impuls zum darüber Reden", erläuterte Kurator Peter Hörz bei einer Presseführung zur Eröffnung der Ausstellung Anfang Oktober. Ab 18 Jahre, Eintritt 11 Euro. Noch bis zum 14. Januar 2024.
"Der Mensch ist das einzige Wesen, das weiß, dass es sterben wird. Das Wissen um unsere Vergänglichkeit ist ein Antrieb für Kunst, Kultur und Wissenschaft und konfrontiert uns mit existenziellen, individuellen und globalen Fragen. Das Humboldt Forum widmet dem Thema Leben mit dem Tod ein vielstimmiges Programm mit einer szenisch gestalteten Sonderausstellung, einem Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm und einem Begleitbuch." (Ausstellungstext)Die Ausstellung im Humboldt Forum im Berliner Schloss hatte einen sehr breiten und damit heterogenen Zugang zum Thema, sie eröffnete naturwissenschaftliche, medizinische, religiöse, kulturelle und philosophische Perspektiven. Dies und schon der doppeldeutige Titel macht klar, dass die Sterblichkeit des Menschen zwar eine universelle Erfahrung sein mag, wie es zum Begleitbuch zur Ausstellung auf Amazon heißt, dass aber Menschen verschiedener Zeiten, Kulturen und Religionen etwas völlig anderes darunter verstehen, wenn sie vom Tod sprechen! Denn während vor allem für den modernen und religionslos gewordenen Menschen der Tod ein absolutes Ende darstellt, ist für die Anhänger so gut wie aller Religionen, die übrigens immer noch die überwiegende Mehrheit aller heute lebenden Menschen ausmachen, der körperliche Tod nur der Übergang in irgendeine Form von Un-Endlichkeit, also der Eintritt in ein wie auch immer gedachtes ewiges Leben bzw. der Übergang zu einem neuen Leben im Diesseits im Kontext unterschiedlich akzentuierter Reinkarnationslehren...Die Ausstellung lief nur noch bis zum 26. November 2023. Das gleichnamige Buch zur Ausstellung, das die Fülle und Vielschichtigkeit der oben angedeuteten Aspekte abdeckt und damit für längere Zeit zumindest als Einführung zum Thema maßgeblich sein wird, hat 200 Seiten und kostet 29,90 Euro. Eine fulminante Gesamtschau der kompletten menschlichen Geschichte bis hin zu aktuellen und brennenden Fragen der Gegenwart unter dem Gesichtspunkt der Sterblichkeit findet sich dagegen im Klassiker des italienischen Psychoanalytikers Luigi de Marchi aus den 80er Jahren: 'Der Urschock - Unsere Psyche, die Kultur und der Tod', der zunächst vom Streit zwischen Sigmund Freud und seinem abtrünnigen Schüler Wilhelm Reich über den Todestrieb ausging, um dann die anthropologischen, religionsgeschichtlichen, politischen, philosophischen und psychologischen Voraussetzungen und Folgen des menschlichen Umgangs mit seiner Sterblichkeit einer grundlegenden Prüfung zu unterziehen.
"Dieses anspruchsvolle Buch stellt eine umfassende Beschreibung der modernen Liebesforschung dar. Es fasst Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen zusammen und bietet einen systematischen, kulturübergreifenden Überblick über die Erfahrung und den Ausdruck von Liebe. Der Autor integriert biologische und sozialwissenschaftliche Forschungen zum Thema Liebe und untersucht die kulturübergreifenden Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Gefühlen, Gedanken und Ausdrucksformen der Liebe." (Verlagstext)Im wissenschaftlichen Springer-Verlag 2023 erschienene und wahrhaft umfassende Darstellung der Liebesforschung von Victor Karandashev. Juni 2023, 299 Seiten, 69,90 Euro. Der Link führt via KitKat-Pressespiegel zur Verlagsseite, auf der Kurzzusammenfassungen aller 14 Kapitel frei anklickbar sind.
Die nicht mehr aktuelle Ausgabe No. 38 des Erotik-Magazins für Frauen 'Séparée' bietet u.a. folgende Themen: Die Macht der Verführung, Intimschmuck für Sie & Ihn, Sex in the City: Leipzig, Tipps gegen Trennungsangst, die Geschichte der Vulvaschau, der richtige Ort für eine Affäre oder eine Einführung in BDSM. Séparée erscheint viermal im Jahr, No. 38 kam am 30. August 2023 heraus. Die Printausgabe des Magazins kostet 8,90 Euro im Zeitschriftenhandel oder per Versand (plus Versandkosten), es kann aber auch als e-paper für 5,90 Euro heruntergeladen werden.
"Dominant women crystallize conflicts in contemporary feminist debates. Sexually dominant women are presented either as victims or as agents of resistance to sexist patriarchy. In Female Domination: Between Work and Pleasure, I argue that female domination in heterosexual BDSM is primarily situated on a continuum structured by care values and the circulation of money. In order to better understand the pleasure taken in these practices and the difficulties for women to impose themselves as dominators, we must stop focusing on the transgressive aspects of female domination and look at the place of work and the organization of work in women's sexuality. Written in the first person, this book offers a personal experience and testimony type of account. This is an aspect of the book that gives it a potential of popularization that could be of interest to all people interested or involved in BDSM activities. If the main people interested in the book are the practitioners of female domination, the numerous references to popular culture make the book accessible to a large number of people.This book opens up new avenues for research in psychology. It offers the opportunity of an interpretation of sexuality by recognizing the part of subjectivity linked to work, considered in its broadest sense, thus upsetting the theoretical frameworks used in clinical psychology and psychoanalysis and changing our view of desire." (Autorin Nathalie Lugand über ihr Buch)Im März 2023 veröffentlicht, 132 Seiten, 42,85 Euro (Taschenbuch-Version) bzw. 25,05 Euro (Kindle-Version). Auf der Seite des Verlags sind Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel verfügbar, klick den Link!UPDATE: In der Ausgabe der Schlagzeilen Nr. 198, dem zweimonatlichen BDSM-Magazin, ist Mitte Mai 2023 eine Rezension dieses Buches plus ein Interview mit der Autorin erschienen. Diese beiden Texte sind zwar im Netz nicht frei zugänglich, aber eine leicht veränderte Fassung der Buchbesprechung bietet der Autor auch auf der Seite kultur-und-politik.de an, siehe unten den nächsten Eintrag!
"Im britischen Routledge Verlag ist eine sehr lesenswerte Studie zu BDSM - „A Psychodynamic Approach to Female Domination in BDSM Relationships" erschienen. In der Studie beschäftigt sich die in Berlin lebende französische Autorin Nathalie Lugand mit dem Themenkomplex weiblicher Dominanz, einem nicht zuletzt auf Grund der u.a. durch Sigmund Freud zugeschriebenen passiven Rolle der Frau in der Sexualität bislang stiefmütterlich behandelten Thema." (Maurice Schuhmann)Deutschsprachige Buchbesprechung von Anfang Juni 2023 auf der Seite kultur-und-politik.de zum englischsprachigen Werk von Nathalie Lugand, die in leicht veränderter Form ursprünglich in der Ausgabe der Schlagzeilen Nr. 198 Mitte Mai erschienen ist, siehe oben den vorherigen Eintrag!
Ältere clubspezifische Einträge siehe auch die Surftips im KitKat-Pressespiegel, Unterseite Kunst & Kultur, rechte Spalte. Klick den Link!
Der US-Amerikaner Bob Mizer (1922-1992) war als Fotograf ein Pionier der männlichen homosexuellen Aktfotografie in den Vereinigten Staaten: "Mizer startete das Magazin „Physique Pictorial", Amerikas erstem sich zu schwuler Sexualität bekennenden Magazin für Körperkultur. In den folgenden Jahrzehnten produzierte Mizer zahlreiche Filme." (Wikipedia)Die Ausstellung „Chromatic Mannerisms 1962 – 1992" der Bob Mizer Foundation in San Francisco zeichnet seine künstlerische Entwicklung über drei Jahrzehnte nach, in der er sich schon früh in den 60er Jahren vom ursprünglich verwendeten Schwarz-Weiß-Format emanzipierte, um mit der Entdeckung und Aneignung der Farbfotografie seinen ganz eigenen Stil und seine ihm eigene Ästhetik auszubilden. Die Ausstellung läuft noch bis zum 27. Januar 2024.
Eine Ausstellung im New Yorker Foto-Museum International Centre of Photography (ICP) im Viertel Lower East Side in Manhattan zeigt Werke von Fotografen wie Eve Arnold, Cecil Beaton, Lee Miller, Irving Penn und Edward Steichen. Die Bilder zum Leben und Werk der Leinwandikone sind teils das erstemal in den USA zu sehen: "Featuring 250 photographs taken from 1905 to 1978, Play the Part: Marlene Dietrich examines the multifaceted evolution of Dietrich's (1901–1992) public persona." (Ausstellungstext) Noch bis zum 8. Januar 2024.
"Dorothy Iannone (1933–2022) was an American visual artist renowned for her vibrant and expressive artistic language. (...) Her work often features vibrant, colourful, and explicit depictions of sexuality and the human body, exploring themes of love, ecstasy, and the pursuit of personal freedom." (Ausstellungstext) "Das Museum für zeitgenössische Kunst in Antwerpen zeigt nun ihre farbenfrohen, psychedelisch-ornamentalen "Bild-Schrift-Klang-Objekte" sowie Künstlerbücher und Videoinstallationen. Den ausgesprochen performativen Charakter ihres Schaffens soll die neue Retrospektive erstmals in den Vordergrund stellen." (Monopol Magazin) Bis zum 21. Januar 2024.PS: Mit Klick auf den Titel gelangt man zunächst in den KitKat-Pressespiegel zu einer Ausstellung in Düsseldorf mit Werken von Dorothy Iannone und William N. Copley seit August, die dort noch bis zum 24. Januar 2024 zu sehen ist. Ein Kontextlink führt zu einem Nachruf und schließlich zu älteren Artikeln über die Künstlerin.
Kurt Bannert, ein junger Künstler in Dresden nach dem Zweiten Weltkrieg, gerät in Konflikte mit dem SED-Regime und flieht schließlich in den Westen. Im Laufe der Zeit drückt sich die fortgesetzte Auseinandersetzung mit seiner persönlichen Geschichte wie mit der Geschichte des gesamten Landes auch immer stärker in seinem künstlerischen Werk aus... Großes Künstler-Drama von Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck (‘Das Leben der Anderen’), der sich in einem zeitlich weit gestreckten Bogen an die Biografie von Gerhard Richter anlehnt, dem wahrscheinlich bekanntesten deutschsprachigen Künstler der Gegenwart, dessen Werke auf dem internationalen Kunstmarkt zu Höchstpreisen gehandelt werden. Mit Sebastina Koch, Paula Beer und anderen bekannten deutschen Darstellern - und Tom Schilling in der Hauptrolle als Kurt Barnert. Die deutschen Kritiker tendierten uneinheitlich und pendelten zwischen großer Begeisterung und stärkerer Ablehnung, während die englischsprachige Kritik ganz überwiegend positiv auf den Film reagierte. Gerhard Richter selbst allerdings war „not amused”, denn der Regisseur habe seine Lebensgeschichte „missbraucht und grob verzerrt”. Achtung Überlänge, ca. 175 Minuten. In der Nacht zu Montag.
Lange, sehr lange, haben die Fans auf die Fortsetzung der schwarzen Komödie ‚Beetlejuice‘ von Kult-Regisseur Tim Burton warten müssen, denn der längst selbst zum Kultfilm gewordene moderne Komödienklassiker stammt bereits aus dem Jahr 1988. Verschiedenste Hindernisse mussten überwunden werden und nach mehreren Anläufen kommt jetzt ‚Beetlejuice Beetlejuice“ (oder auch einfach nur „Beetlejuice 2“) am 12. September endlich in die deutschen Kinos, nachdem er bereits Ende August bei den Filmfestspielen von Venedig als Eröffnungsfilm gezeigt worden war. Wieder unter der Regie von Tim Burton und erneut mit Michael Keaton in der Titelrolle. Hier zunächst eine knappe Beschreibung des ersten Teils, als Ausgangspunkt und Disposition für die Fortsetzung:Statt im Himmel landen das Ehepaar Adam und Barbara Maitland nach ihrem Tod auf dem Dachboden ihres eigenen Hauses und müssen zu ihrem Entsetzen mit ansehen, wie die neuen Besitzer, die dreiköpfige Familie Charles und Delia Deetz mit ihrer Tochter Lydia, ihr altes Heim völlig auf den Kopf stellen. Der „Bio-Exorzist” Beetlejuice soll die Eindringlinge vertreiben und greift zu unkonventionellen Mitteln... Ursprünglich als düster-brutaler Horrorfilm geplant veränderte Tim Burton nach der Verpflichtung seines Hauptdarstellers das Drehbuch und schuf stattdessen eine schwarzhumorige und überdrehte Horror-Komödie. Mit Michael Keaton als Poltergeist, der seinen Text fast ausschließlich improvisierte aber nur zu knapp 18 Minuten im Film zu sehen ist…„Beetlejuice (wörtlich: „Käfersaft“) ist ein Wortspiel mit „beet juice“ (Rote-Bete-Saft) und zugleich eine Verballhornung von Betelgeuse, dem englischen Namen des Sterns Beteigeuze.“ (Wikipedia)Die formale Besonderheit war schon damals der Verzicht auf aufwändige Computereffekte und ein spezifisch handgemachter Look, u.a. durch die Verwendung von Stop-Motion-Tricks, durch den das ganze äußere Setting mehr an eine Modelleisenbahn bzw. an ein Miniaturmodell erinnerte als an realistische Häuser samt natürlicher Umgebung. Dieser ästhetisch-praktischen Herangehensweise ist Tim Burton überwiegend treu geblieben, ebenso mit seiner Entscheidung, dass auch in Beetlejuice 2 die titelgebende Hauptfigur nur sehr begrenzt im Film auftritt.Die Fortsetzung setzt viele Jahre später ein. Verschiedene Generationen der Familie Deetz kehren auf Grund eines traurigen Anlasses nach Winter River zurück. Die einstige Teenie-Tochter Lydia Deetz ist erwachsen geworden und moderiert nun eine eigene TV-Show, in der es um die Untersuchung von paranormalen Phänomenen geht, während ihre eigene Tochter Astrid das alles für völligen Blödsinn hält. Bei der Beerdigung von Lydias Vater Charles, die ihre Mutter Delia in ein einziges Kunst-Happening verwandelt, wird Lydia plötzlich von Beetlejuice-Visionen heimgesucht. Doch der Poltergeist hat ganz andere Probleme, wird er doch von seiner Ex, die er einst vor Jahrhunderten in der Hochzeitsnacht zerstückelt hatte, gestalkt und gejagt. Schon bald geht alles drunter und drüber, zwischen Diesseits und Jenseits... „Keine Frage, die Gags in „Beetlejuice Beetlejuice“ sind teilweise wieder dunkelschwarz. (…) Während das Jenseits vor allem mit einer ganzen Parade an kreativ gestorbenen Geistern begeistert, punktet das Diesseits mit dem Aufeinandertreffen der Goth-Idole zweier verschiedener Generationen: „Heathers“-Ikone Winona Ryder trifft „Wednesday“-Shooting-Star Jenna Ortega. Stimmiger wurden Mutter-Tochter-Gespanne selten besetzt. (...) "Beetlejuice, Beetlejuice“ bietet vor allem von allem mehr: Ein etwas ausfransender, aber zugleich gewaltiger Grusel-Spaß, der dem kreativ-anarchischen Geist des Originals weitestgehend treu bleibt.“ (filmstarts.de)Das Babylon-Kino in Berlin Mitte zeigt bereits seit der letzten Augustwoche und (verlängert) noch bis zum 19. September unter dem Titel „Tim Burton – The Legend“ eine umfassende Retrospektive, in der insgesamt 16 Werke des kreativen Kinogenies zu sehen sind, darunter so bekannte und populäre Filme wie ‚Sleepy Hollow‘ (noch Dienstag den 17.9.), ‚Alice in Wonderland‘ (Mo., 16.9.) oder ‚Charlie and the Chocolate Factory‘ (Di, 17.9.), zumeist in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Auf folgende drei weitere sei hier noch besonders hingewiesen:Edward mit den Scherenhänden, USA, 1990, Fantasy-DramaAvon-Beraterin Peg findet in einem Schloss einen unvollendeten künstlichen Menschen, der statt Händen Scheren und Messer besitzt, und nimmt ihn mit zu sich nach Hause. Dort verliebt er sich in ihre Tochter Kim... Erster großer Erfolg von Johnny Depp in einem typischen Film von Regisseur Tim Burton, mit einer opulent-bizarren Bildästhetik, ironisch-skurrilen Situationen und einer melancholisch-anrührenden Poesie: „Moderne Vision der alten Geschichte vom Ungeheuer und der Schönen, gespickt mit Zitaten aus der Filmgeschichte, voller hübscher inszenatorischer Einfälle und gut gespielt.“ (Rowohlt-Filmlexikon) Der Film läuft im Babylon-Kino am Freitag den 13. September um 18 Uhr, am Montag den 16. September um 22 Uhr und am Mittwoch den 18. September um 21 Uhr 15, jeweils im Original mit Untertiteln.Big Eyes, USA/KAN, 2014, DramaDie USA gegen Ende der 50er Jahre: Die Malerin Margaret Keane verlässt ihren Mann und zieht mit ihrer Tochter nach Kalifornien. Das Markenzeichen ihrer Bilder sind die großen puppenartig stilisierten Augen der von ihr gemalten Frauen, Kinder und Tiere, was beim großen Publikum sehr gut ankommen wird, bei den Kritikern dagegen weniger („Kitsch!”). Als sie einen neuen Mann kennenlernt und heiratet, der ebenfalls Maler ist, bekommt ihre Künstlerkarriere eine überraschende Wendung, denn er überredet sie, ihre Bilder unter seinem Namen zu veröffentlichen!... „Die Augen sind das Fenster zur Seele.” Dies ist nicht nur das Leitmotiv der realen Margaret Keane, deren wahre Geschichte dem Film zu Grunde liegt, sondern auch des Künstler- und Emanzipationsdramas von Regisseur Tim Burton selbst, der sich in der Vergangenheit schon öfters dem Schicksal sensibler Außenseiter zugewandt hat. Mit Amy Adams und Christoph Waltz. Der Film läuft im Babylon-Kino nur noch am Samstag den 14. September um 17 Uhr 45. Im Original mit Untertiteln.Big Fish, USA, 2003, TragikomödieDer Geschichtenerzähler Edward Bloom liegt im Sterben und erzählt seine eigene, ungewöhnliche Lebensgeschichte. Sein Sohn William hat mit der Fabulierkunst des Vaters allerdings große Probleme... "Es ist Tim Burtons bislang reifster, geschlossenster Film, dessen grenzenloser Optimismus die Grufti-Fraktion unter den Burton-Fans verblüffen wird." (TV-Spielfilm) "Die schwelgerisch erzählte, höchst unterhaltsame Schelmengeschichte verdichtet sich unter der grandiosen Bildregie zu einer Hommage ans Geschichtenerzählen und ans Kino, wobei sich Mythen, Münchhausiaden und Wirklichkeit zu einer stimmigen Einheit verbinden." (Lexikon des Internationalen Films) Der Film läuft im Babylon-Kino nur noch am Dienstag den 17. September um 20 Uhr. Im Original mit Untertiteln.Den ersten Teil von ‚Beetlejuice‘ kann man dagegen im Babylon-Kino noch am Freitag den 13. September (20 Uhr), am Samstag den 14. September (20 Uhr), am Montag den 16. September (22 Uhr), am Dienstag den 17. September (19 Uhr 30), am Mittwoch den 18. September (20 Uhr) und am Donnerstag den 19. September (19 Uhr 30) jeweils in der Originalfassung ansehen. Teil 2 bzw. ‚Beetlejuice Beetlejuice‘ wird dagegen in vielen anderen Berliner Kinos gezeigt, so z.B. mindestens bis zum 18. September im Zoo-Palast am Bahnhof Zoo im Kino 1 auf der übergroßen Leinwand.
Originaltitel: Beetlejuice BeetlejuiceRegie: Tim BurtonLänge: 105 (min)Darsteller: Michael Keaton, Winona Ryder, Catherine O’Hara, Jenna Ortega, Monica Bellucci, Willem Dafoe, Danny DeVito...Produktionsort: USAProduktionsjahr: 2024Startdatum: 12.09.2024
Emma Stone funkelt erneut als alles überstrahlender Star am Hollywood-Himmel, nach ihrem Oscar als Beste Hauptdarstellerin schon 2017 in 'La La Land' und vielen weiteren Triumphen in den letzten fünfzehn Jahren. Ihr neuester Film 'Poor Things' wird bereits jetzt als heißer Favorit für die diesjährigen Oscars gehandelt, nach dem er schon letztes Jahr den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen in Venedig für den besten Film gewonnen hat und den Regiepreis bei den Golden Globes. Unter der Regie des griechischen Regisseurs Yorgos Lanthimos (‚Attenberg‘, ‚The Lobster‘, ‚The Killing of a Sacred Deer‘) entführt sie uns in ein abstraktes und idealisiertes viktorianisches Zeitalter voller Wunder und märchenhafter Elemente. Ein retro-futuristisches Design, oft in einer verzerrten Optik z.B. durch extreme Weitwinkel oder einen Fisheye-Effekt, beschwört einerseits eine Atmosphäre, die an den deutschen Expressionismus erinnert aber auch an eine Welt, die noch phantastischer anmutet als bei Jules Verne.Emma Stone spielt Bella Baxter, "die Schöne", doch sie ist gerade nicht das Klischee einer Barbie-Puppe sondern eine Frau mit dem Gehirn eines Babys, eine Mensch-Chimäre, auf der Suche nach Empowerment und weiblicher Selbstermächtigung. Sie ist das Ergebnis eines so lebensrettenden wie gruseligen Experiments ihres exzentrisch-genialen Arztes Godwin Baxter, der nicht zufällig an Dr. Frankenstein erinnert, denn die ganze Geschichte kann als eine Art feministische - manche Kritikerinnen sagen pseudofeministische - und mehr noch als groteske Variante des Frankenstein-Mythos verstanden werden.Bella entwickelt einen unersättlichen Appetit auf die Mysterien der Welt - und auf die Geheimnisse des Geschlechtsverkehrs. Sex und alles was damit zu tun hat, werden zwar sehr wichtig für Bella, doch haben die vielen Sexszenen des Films weniger einen aufreizenden sondern mehr einen klinischen, skurrilen oder psychologisch-experimentellen Charakter. Sie ist einerseits eine Frau der Wissenschaft, doch oft erinnert sie in ihrer unschuldigen Herangehensweise an die Welt der Dinge und die Welt der Menschen auch einfach nur an ein großes Kind. In ‚Poor Things‘ gibt es viele Konflikte, Widersprüche und Irritationen, die Geschichte ist mal lustig, mal bizarr und mal ein kleines bisschen pervers. Es sei eine Art "perverse Coming-of-Age Geschichte", wie es Filmkritiker Rüdiger Suchsland (Telepolis) beschreibt, der auch eine Reihe möglicher und wahrscheinlicher Inspirationsquellen für ‚Poor Things‘ aufzählt. Er nennt Kinoklassiker wie (natürlich) 'Frankenstein' und 'Pygmalion' oder 'Metropolis', aber auch der Roman 'Justine' von Marquis de Sade, dadaistische Erotik und schwarze Komödien werden erwähnt, das Spiel mit dem Kitsch und dem Absurden oder Regisseure wie Luis Buñuel, Peter Greenaway, Michael Haneke, Alejandro Jodorowsky, Terry Gilliam und David Lynch hätten ihre Spuren hinterlassen. Der Film und insbesondere seine formale Machart lassen den Kritiker aber gespalten zurück („mal möchte man den Film mögen, mal lässt er komplett kalt“): „“Poor Things“ leidet an den gleichen Problemen wie Wes Andersons letztes Werk “Asteroid City“, das ebenso frustrieren konnte, weil es in die Falle eines Formalismus ohne viel diskursives Leben tappte, abgesehen von einer gewissen Suche nach einem paradoxen Humanismus, kombiniert mit Distanz zu den Figuren und dem Erzählten, und einem ornamentalen Ästhetizismus. (...) Ein Film, der pure postmoderne Referenzanhäufung und Patchwork ist." (Suchsland)'Poor Things' zelebriere an seiner Hauptfigur "die schöne Pippi-Langstrumpf-Freiheit", in dem ein Mensch mit kindlichem Gemüt tut, was ihm gefällt und insofern ist Bella Baxter in ihrer naiven Gutgläubigkeit für Suchsland die bessere Barbie. In seinem aber letztlich ambivalent bleibenden Fazit zitiert er zwar einerseits zustimmend den Schluss der Filmbesprechung von Kollege Axel Timo Purr (artechock.de), stellt aber gleichzeitig in Frage, ob dessen Resümee wirklich etwas mit dem Film von Lanthimos zu tun habe. Purr schreibt – und bezieht sich dabei auf den Film von Nicolette Krebitz 'Wild' aus dem Jahr 2016, in dem die weibliche Hauptfigur einen Wolf fängt und in einer Wohnung hält:"Wir müssen uns gar nicht so wie in Nicolette Krebitz Wild befreien, indem wir uns zurück zu Kind und Tier bewegen, sondern wir sollten die Welt in all ihren Widersprüchen umarmen, halt so wie sie ist: komplex. Mehr Freiheit und Spaß und Erkenntnis geht kaum." (Axel Timo Purr)Purr erinnert damit direkt oder indirekt an eine zentrale Passage aus Hermann Hesses Romanklassiker 'Der Steppenwolf' von 1927, die auch schon in der Besprechung zum Film von Nicolette Krebitz hier an dieser Stelle zitiert wurde:„Harry kann niemals wieder ganz zum Wolfe werden, und würde er es, so sähe er, dass auch der Wolf wieder nichts Einfaches und Anfängliches ist, sondern schon etwas sehr Vielfaches und Kompliziertes. Auch der Wolf hat zwei und mehr als zwei Seelen in seiner Wolfsbrust, und wer ein Wolf zu sein begehrt, begeht dieselbe Vergesslichkeit wie der Mann mit jenem Liede „O selig ein Kind noch zu sein!” (...) Zurück führt überhaupt kein Weg, nicht zum Wolf, noch zum Kinde. Am Anfang der Dinge ist nicht Unschuld und Einfalt; alles Erschaffene, auch das scheinbar Einfachste, ist schon schuldig, ist schon vielspältig, ist in den schmutzigen Strom des Werdens geworfen und kann nie mehr, nie mehr stromaufwärts schwimmen. (...) Jede Geburt bedeutet Trennung vom All, bedeutet Umgrenzung, Absonderung von Gott, leidvolle Neuwerdung. Rückkehr ins All, Aufhebung der leidvollen Individuation, Gottwerden bedeutet: seine Seele so erweitert zu haben, dass sie das All wieder zu umfassen vermag.”'Poor Things' ist ganz gewiss ein Film, der die Grenzen gleich aller möglichen Genres sprengt, ein visuelles Fest mit einer höchst eigentümlichen Heldin und einer bizarren Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Doch ob es tatsächlich der beste Film des Jahres wird, wie viele Kritiker und Zuschauer bereits jubeln, bleibt abzuwarten bzw. das muss jeder natürlich selbst entscheiden. Einer der ungewöhnlichsten und verrücktesten ist er jetzt schon auf jeden Fall!PS: Hier noch eine Auflistung von Titeln nur von deutschsprachigen Filmbesprechungen, die die ungeheure und vielschichtige Resonanz auf Lanthimos Filmgroteske schon andeuten:"Sex, Körperfantasy und Emma Stone" (telepolis.de)"Frankensteins Tochter" (artchock.de)""Poor Things": Bizarr-lustige Frankenstein-Komödie mit Emma Stone" (ndr.de)"Yorgos Lanthimos, Regisseur der brillanten Komödie «Poor Things», ist ein Meister der Groteske..." (Neue Zürcher Zeitung)"Das Aufregendste, was es seit langer Zeit im Kino zu sehen gab" (spiegel.de)"„Poor Things“: Das schamlose Sci-Fi-Meisterwerk gilt zu Recht schon als der beste Film 2024" (kino.de)Tragikomödie "Poor Things" (rbb-online.de)"Emma Stone in „Poor Things“ - Feministischer Zeitgeist-Hit" (Frankfurter Rundschau)"Poor Things: Frankensteins Monster als Feministin im Weltenrausch" (Neues Deutschland)"Wenn feministisches Kino, dann so" (welt.de)""Poor Things - Girlboss-Feminismus meets Männerphantasien" (kaput-mag.com)"Eine Welt aus Zucker und Gewalt" (tagesspiegel.de)"Die Furchtlose" (zeit.de)"Schamloser geht es nicht" (sueddeutsche.de)"„Poor Things“ ist neue Nummer eins der deutschen Arthouse-Kinocharts" (Blickpunkt: Film)UPDATE/Juni 2024: Bei der Oscarverleihung im März musste sich ‚Poor Things‘ zwar dem großen Gewinner ‚Oppenheimer‘ von Christopher Nolan geschlagen geben, der insgesamt sieben Auszeichnungen erhielt. Trotzdem gab es immer noch vier Preise und darunter vor allem den zweiten Oscar als Beste Hauptdarstellerin für Emma Stone! Der Film ist schon am 18. Januar regulär in den deutschen Kinos angelaufen, er ist aber immer noch in verschiedenen Programmkinos zu sehen, in Berlin zur Zeit etwa im Moviemento (25.6. und 2.7.), vereinzelt sogar in dem ein oder anderen Multiplex-Center. Am 26. Juni, 18 Uhr, gibt es ein Special Screening in Anwesenheit von Constanza Macras, der Choreographin des Films, im delphi Lux an der Berliner Kantstraße, im englischsprachigen Original mit Untertiteln, organisiert von der Hellenischen Gemeinde: „Constanza Macras, die Choreografin der ikonischen Tänze von Emma Stone und Mark Ruffalo, kommt in die Vorstellung und freut sich darauf, alle Eure Fragen zu beantworten. Vorab und im Anschluß haben wir griechischen Wein organisiert…“‚Poor Things’ wird außerdem in verschiedenen Berliner Open Air-Kinos gezeigt, so Freitag d. 28.6.24 im Kulturforum am Potsdamer Platz, Dienstag d. 2. Juli im Freilichtkino Hasenheide, Samstag d. 6. Juli im hofkino.berlin, Sonntag d. 7. Juli im Freiluftkino Insel @ Atelier Gardens, Dienstag d. 9. Juli wieder im Freilichtkino Hasenheide, ebenfalls dort am Samstag d. 20. Juli, Dienstag d. 23. Juli im Freilichtkino Kreuzberg, Sonntag d. 28. Juli im Freilichtkino Friedrichshain, Montag d. 29. Juli im Freilichtkino Rehberge und Freitag d. 9. August 2024 im Waschhaus Open Air Kino in Potsdam. Über die jeweilig angebotene Fassung bitte vorab im Netz informieren.Der Film ist schließlich bereits im April auf DVD und Blu-ray erschienen und kann auch auf Amazon gestreamt werden.
Originaltitel: Poor ThingsRegie: Giorgos LanthimosLänge: 141 (min)Darsteller: Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe, Suzy Bemba, Hanna Schygulla ...Produktionsort: Vereinigtes KönigreichProduktionsjahr: 2023Startdatum: 18.01.2024
Vorbemerkung: Die Ausstellung ‘Love at First Fight!’ lief vor Ort im Schwulen Museum Berlin sowohl vom 19. Juli 2019 bis zum 30. November 2020 als auch vom 10. September 2021 bis zum 31. Januar 2022. Als digitale Ausstellung unter der Überschrift ‘Queer as German Folk’ sind die Bilder und Exponate aber weiterhin online zeitlich unbegrenzt verfügbar! Der Link wurde dementsprechend angepasst:„Das Goethe-Institut USA eröffnet eine digitale Version seiner Ausstellung Queer as German Folk - die den aktuellen Stand des Diskurses zur queeren Bewegungsgeschichte in Deutschland für eine weltweite Öffentlichkeit zugänglich machen wird. Die Ausstellung ist ab dem 9. August 2020 online über queerexhibition.org abrufbar.” (goethe.de)Hier noch mal der Text zur Ausstellung im Schwulen Museum:Love at First Fight! Queere Bewegungen in Deutschland seit StonewallIm Juni 1969 stürmte die Polizei die Bar Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street Day, ein Treffpunkt der queeren Szene, die schon seit vielen Jahren Razzien, Überfälle und Schikanen über sich ergehen lassen musste. Doch diesmal kam alles anders, weil die queere Community aufbegehrte und sich wehrte, um in einem tagelangen Aufstand ein Zeichen des Widerstands zu setzen, das schließlich zum Fanal und Startschuss für die jüngere Bewegung homo- und transsexueller Menschen wurde. Zum 50jährigen Jubiläum dieser Ereignisse will die Ausstellung ‘Love at First Fight!’ im Schwulen Museum Berlin - in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut und der Bundeszentrale für Politische Bildung - jetzt einen Blick darauf werfen, wie die Geschehnisse in New York die schwullesbische Bewegung zunächst in West-Deutschland und in der DDR und später im wiedervereinigten Deutschland beeinflusst haben, um die Verbindung und Kontinuität zur Gegenwart herzustellen:„Gezeigt wird manifestierter Widerstand: Plakate aus anderen Zeiten, Flyer, gedruckte Protestaufrufe, Underground-Fanzines, Streitschriften – denn die Ausstellung schaut auch überall dorthin, wo es geruckelt hat in der Bewegung: zu den frühen Lederschwulen-Treffpunkten in Kreuzberg etwa, oder zur feministischen Szene der DDR, zum legendären Tuntentstreit der linken Schwulen, zum so genannten Hexenprozess von Itzehoe, zur Gründung des Netzwerks Schwarzer Frauen in Deutschland, oder auch zu den heutigen Protestaktionen der trans* Bewegung.” (Ausstellungstext)Der besondere formale Clou dieser Ausstellung besteht darin, daß sie komplett digital, als Datenstick plus Handbuch, existiert und „on demand” überall auf der Welt angefordert bzw. mit einfachsten Mitteln aufgebaut werden kann! Die Ausstellungsobjekte lassen sich so auf unterschiedlichste Trägermedien (Leinwände, Plakate, Flyer usw.) drucken und können dann auf mobilen Ständern aufgestellt werden: „Unsere Ausstellung soll ihren eigenen Raum erzeugen und eine Stimmung herstellen, die den Grundton unserer Narrative spiegelt.“ sagt Birgit Bosold, eine der Kuratorinnen, was auch eine „Lust am Wilden und Chaotischen” impliziere. „Wir zeigen ja auch nicht die eine chronologische Geschichte, die den Anspruch auf alleinige, objektiv historische Richtigkeit vertritt“, ergänzt Co-Kuratorin Carina Klugbauer. „Wir legen den Fokus auf verschiedene Konflikte und Interventionen in der Bewegungsgeschichte, auch innerhalb der Bewegung selbst. Auf die Debatten, die geführt wurden oder weiter geführt werden müssen, auch mal in rauerem Ton. Und der kann sich gern auch in der Ausstellung wiederfinden.“Die rund 100 Exponate umfassende und eben digital verfügbare „Wanderausstellung” wird mindestens ein halbes Jahr im Schwulen Museum zu sehen sein, um im Rahmen des Multimedia-Projekts „Queer as German Folk” des Goethe-Instituts auch in verschiedenen Goethe-Instituten in Nord- und Mittelamerika gezeigt zu werden, so in Washington, D.C., Toronto, New York, Montreal, Chicago, San Francisco, Mexiko Stadt und Guadalajara: „Unser Ziel war es, einen Erlebnisraum zu schaffen“, sagt Georg Blochmann, der das New Yorker Goethe-Institut leitet und „Queer as German Folk“ mit initiiert hat. „Wir wollen Geschichte und Gegenwart der Bewegung erleb- und erfahrbar machen, und das auf ganz neuen Wegen.“ (Ausstellungstext)
Vorbemerkung: Die große und von der Kritik gefeierte Ausstellung ‘Dekadenz und dunkle Träume’ über den Belgischen Symbolismus in der Alten Nationalgalerie sollte ursprünglich vom 18. September 2020 bis zum 17. Januar 2021 laufen. Aufgrund der coronabedingten Museumsschließungen war sie leider nur einige Wochen für das Publikum zugänglich. Eine Verlängerung bzw. Wiedereröffnung nach Aufhebung des Lockdowns war zwar nicht möglich, da alle Bilder längst den Leihgebern zurückgegeben worden waren, es gibt aber weiterhin verschiedene Lectures auf YouTube bzw. vor allem auch ein längeres Video einer virtuellen Führung, in der Ralph Gleis, der Leiter der Alten Nationalgalerie, in die Ausstellung einführt und ausgewählte Bilder näher vorstellt!„Der lustvolle Blick in den Abgrund, der übersteigerte Ästhetizismus einer übersättigten Gesellschaft, die sich zugleich in der Krise wähnte, der morbide Reiz zwischen Thanatos und Eros dies sind Themenfelder in der Kunst, die Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere im belgischen Symbolismus ihren Ausdruck fanden.” (Ausstellungstext)Der Symbolismus war eine neue Kunstströmung ab den 1880er Jahren, der sich im Gegensatz zu Naturalismus und Impressionismus von den Reizen der Oberfläche und des Sichtbaren abwendete, um dunkle Abgründe, Sinnlichkeit, Irrationalismus, Magie oder allgemein die vielfältigen inneren Landschaften der Seele zu ergründen und bildlich darzustellen: „Der Symbolismus enthält hierin bereits vielfach eine künstlerische Vorwegnahme der Traumdeutung von Freud, dessen gleichnamige Studie 1899 erschien.” (Ausstellungstext)Belgien und die Hauptstadt Brüssel wurden neben Frankreich und Deutschland zu einem zentralen Kraftfeld dieser Bewegung, zum einen, weil hier verschiedene Literaten wie Maurice Maeterlinck und Georges Rodenbach lebten, die mit ihren Werken entscheidende geistige Impulse gegeben hatten. Zum anderen war Brüssel generell eine Drehscheibe des internationalen Kunstbetriebs und Verbindungsglied zwischen England und dem Kontinent. Zentrale Motive des belgischen Symbolismus sind die Dekadenz, die Morbidität, Vergänglichkeit oder das Dämonische aber auch das Esoterische, die Mystik, die Erotik, Wollust oder die Femme fatale. Zentrale belgische Künstler, deren Werke in der Ausstellung gezeigt wurden, waren etwa James Ensor, Fernand Khnopff, Théo van Rysselberghe, Felicien Rops, Jean Delvill, Leon Spilliaert, Xavier Mellery oder Georges Lebrun. Die Ausstellung stellte deren eher wenig bekannte Arbeiten und die damit verbundenen künstlerischen Positionen einem breiteren Publikum vor und stellte sie Werken - teils aus hauseigenen Beständen - des Europäischen Symbolismus gegenüber, wie er sich etwa in den Bildern oder Skulpturen von Gustave Moreau, Arnold Böcklin, Max Klinger, Gustav Klimt oder Edvard Munch niedergeschlagen hat. Zu sehen waren insgesamt rund 200 Einzelstücke in 13 Kapiteln. Ein großformatiger Ausstellungskatalog mit 336 Seiten ist weiterhin für 45,00 Euro im Museumsshop erhältlich:„Wahnhaft, übertrieben, elegisch, psychologisierend – auf den belgischen Symbolismus trifft vieles zu. Vor allem ist es fantastische Malerei. Mit jedem Ausstellungskapitel steigt der Besucher tiefer ein, bis er im kleinen Kabinett vor einer Reihe Interieur-Bildern steht.” (Tagesspiegel)PS: Mit Klick auf den Titel gelangt man zunächst in den KitKat-Pressespiegel zu einem Artikel über eine Arte-Dokumentation zum Phänomen der Dekadenz, der Link zu dieser Sendung wurde angepasst und führt nun zu YouTube. Es folgen die Ausstellungsbesprechung des Tagesspiegel und ein Link zur Ausstellungshomepage. Dort in der rechten Spalte unter der Überschrift „Weiterführende Links” findet man den Verweis auf die eingangs erwähnte virtuelle Führung durch die Ausstellung. Schließlich findet man noch drei Links zu YouTube mit drei virtuellen Lectures über den belgischen Symbolismus zu den Themen ‘Traum und Wirklichkeit’, ‘Die symbolistische Landschaft’ und ‘Lust und Vergänglichkeit’.
Im Oktober 2020 ist das großformatige Taschenbuch über die Clubszenen in zehn exemplarischen Städten Europas und Afrikas erschienen, die die große Vielfalt der globalen Clubkultur widerspiegeln. "Ten Cities – Clubbing in Nairobi, Cairo, Kiew, Johannesburg, Neapel, Berlin, Luanda, Lagos, Bristol, Lisbon" umfasst dabei außerdem einen Zeitraum von 60 Jahren und gewährt so auch einen Einblick in die geschichtliche Entwicklung der lokalen Musik-, Ausgeh- und Feierkulturen:„Das Bild des seinen Plattenkoffer über internationale Non-Places ziehenden DJs, der rund um den Globus in Clubs auflegt, ist ein Stereotyp unserer Zeit. Clubkulturen haben eine reiche lokale Historie und sie sind zugleich geografisch viel differenzierter, als in der Geschichte von der nordatlantischen Achse Detroit–Chicago–Manchester–Berlin bislang erzählt wurde. Dieses Buch erweitert den Fokus. Es berichtet von zehn Club-Hauptstädten in Afrika und Europa, sowohl von prominenten als auch von vermeintlich peripheren Szenen." (Verlagstext)Zu jeder Stadt gibt es zwei Essays, ergänzt um eine Fotostrecke, die sich schwerpunktmäßig je mit dem musikalischen und dem gesellschaftspolitischen Kontext beschäftigen und die die Unterschiede zwischen den verschiedenen lokalen Traditionen und Subkulturen aber auch die tieferen Gemeinsamkeiten herausarbeiten, die mit Stichworten wie „Labore des Andersseins", „Sehnsucht nach Gemeinschaft", „Überwindung von Herkunftsgrenzen" oder „Experimente für neue Lebensformen" beschrieben werden. Das Buch entstand aus einem gleichnamigen Projekt des Goethe-Instituts, das musikalische Begegnungen anfänglich nur zwischen Berlin und Nairobi initiierte, was im Laufe der Jahre immer mehr auf andere Städte ausgeweitet wurde. Mit dem Klick auf den Titel gelangt man dementsprechend zunächst zu einem taz-Artikel im KitKat-Pressespiegel schon von Mai 2013, der über dieses Projekt und die damalige Clubkultur in Cairo berichtete. Dort wurden nun noch der Link zur Besprechung des „Anti-Hochglanz-Wälzers" im Monopol-Magazin von Dezember 2020, ein Link zu Amazon und ein Link zu einer Compilation-CD hinzugefügt, die die Musik von 50 Produzenten aus den zehn Städten versammelt. Auch als Trippel-Vinyl erhältlich. Spector Books OHG, 560 Seiten, großformatiges Taschenbuch, in englischer Sprache, 40,00 Euro.Hier auch noch einige weitere Bücher zum Themenfeld Clubkultur/Feiern/Ekstase, die bereits auf der Kulturseite oben in der rechten Spalte in den letzten Jahren als Kurzbesprechungen erschienen sind. Die Links zu den jeweiligen Einträgen im KitKat-Pressespiegel wurden jetzt alle noch beim obigen Eintrag über die 'Ten Cities' ergänzt:EKSTASE - ECSTASY: IN KUNST, MUSIK UND TANZVon religiösen Riten und klassischen Gemälden über Jazz-, Rock- und Popkultur der vergangenen Jahrzehnte, Drogenräusche und Sportbegeisterung bis hin zu zeitgenössischer Performance-, Konzept- und Videokunst lieferte eine große Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart 2018/2019 einen breiten Überblick zu spirituellen, politischen, psychologischen, sozialen, sexuellen und ästhetischen Aspekten der ekstatischen Grenzerfahrung, „zwischen Askese und Exzess":„Ekstase ist eines der ältesten und zugleich erstaunlichsten Phänomene europäischer wie außereuropäischer Kulturen. Ursprünglich im rituell-religiösen Kontext geprägt, wurde die ekstatische Grenzerfahrung begrifflich erstmals in der Antike erfasst. Seither ist sie ein fester Bestandteil westlicher Gesellschaftstheorien. Dabei veränderte und erweiterte sich die Definition und Bewertung kontinuierlich." (Ausstellungstext)Der im Prestel-Verlag erschienene und seit Anfang Februar 2019 auch im Buchhandel erhältliche umfangreiche Katalog zur Ausstellung „dürfte bald als Standardwerk gelten"! Zweisprachig, englisch-deutsch, 288 Seiten, 45,00 Euro.NIGHT FEVER: DESIGN UND CLUBKULTUR 1960 - HEUTEEine Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein widmete sich bis Anfang September 2018 der Geschichte der Clubkultur von den 60er Jahren bis in die Gegenwart. Der Schwerpunkt lag dabei auf den gestalterischen Aspekten der Clubs, von der Architektur der Gebäude über die Innenarchitektur bis hin zu multimedialen Aspekten. Dabei wurden prägnante Beispiele aus der gesamten westlichen Welt dargestellt und analysiert:„Dazu unterstreicht eine ausgewählte Sammlung von Plattencovern, darunter Peter Savilles Designs für Factory Records oder Grace Jones' programmatisches Albumcover »Nightclubbing«, die wichtigen Zusammenhänge von Musik und Design in der Clubkultur von 1960 bis heute. Auch dieser Teil der Ausstellung zeigt, dass Nachtclubs viel mehr sind als vier Wände und ein Dach: Sie schaffen Räume für intensive und multimediale Erfahrungen, die bis heute in keiner anderen Umgebung erlebt werden können." (Ausstellungstext)Zu dieser Ausstellung ist bereits im Frühjahr 2018 auch ein großformatiger Begleitband erschienen, „reich illustriert mit Abbildungen von Clubinterieurs, Plakaten, Flyern, Protagonisten des Nachtlebens und deren Mode", 400 Seiten, 59,90 Euro.FRANZ JOSEF WETZ: EXZESSE - WER TANZT, TÖTET NICHT„Franz Josef Wetz geht von der Beobachtung aus, dass Menschen auch in modernen Gesellschaften exzessives Verhalten an den Tag legen. Obwohl solche Verhaltensweisen sozial geächtet sind, ihnen mit pädagogischen Maßnahmen und Strafandrohung begegnet wird, lassen sich die „dionysischen Energien" nur bedingt eindämmen. So stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, den Menschen einen sozialverträglichen Weg zurück „in den Urwald ihrer sonst gebändigten Begierden " zu ermöglichen und dies zu kultivieren (Fest, Sex, Musik, Sport usw.)." (Verlagstext) Oktober 2016 als Taschenbuch im Alibri-Verlag erschienen, 261 Seiten, 18,00 Euro.WESTBAM: DIE MACHT DER NACHT„Der Techno-Pionier Westbam veröffentlicht zu seinem 50. Geburtstag seine Lebenserinnerungen. Das Buch „Die Macht der Nacht" ist nicht auf Berlin fixiert, sondern erzählt, wie ein besonderer Sound in einer besonderen historischen Situation eine ganze Generation geprägt hat." (Berliner Zeitung) „Die Macht der Nacht" ist Anfang März 2015 erschienen, hat 320 Seiten und kostet 18,00 Euro. Unabhängig wie man zur Person und zum musikalischen Schaffen des Autors steht, liefert das Buch auf jeden Fall viele interessante Einblicke zur Entstehung und Entwicklung der deutschen Techno-Szene. Der Link führt zunächst in den KitKat-Pressespiegel, der zwei ausführliche Buchbesprechungen und ein Interview mit DJ Westbam anbietet.NACHTLEBEN BERLIN"Die Zeit scheint gerade gut für Bücher mit Erinnerungen an die Partykultur. Mit "Nachtleben Berlin" wird noch einmal opulent nachgelegt." Der taz-Artikel 'Das Feiern auf Papier' von Oktober 2013 lieferte anlässlich des Erscheinens von "Nachtleben Berlin" einen kleinen Überblick über verschiedene in der damaligen Zeit erschienene Bücher zur Berliner Partykultur wie z.B. "Der Klang der Familie" oder "Die ersten Tage von Berlin", die beide in unterschiedlicher Weise die Entstehung der Berliner Technoszene nach der Wende nachzeichnen, und ordnete dies in einen größeren Kontext zur Erforschung der Clubgeschichte bzw. der Historisierung der modernen Tanzmusik ein. Das Buch "Nachtleben Berlin" dokumentiert dabei die Entwicklung des Berliner Nachtlebens von 1974 bis in die Gegenwart (von 2013), von Subkultur bis Mainstream, sowohl von West- als auch von Ost-Berlin, inklusive zahlreicher unveröffentlichter Fotos. Oktober 2013 im Metrolit-Verlag erschienen, 312 Seiten, nur noch antiquarisch erhältlich, über 100 Euro.Zu viel Dokumentation schade aber der Party, schreibt der taz-Autor gegen Ende seiner Sammelbesprechung, und warnt: "Westentaschen-Pop-Archivare, die ihre Tage damit verbringen, rare Ron-Hardy-Remixe aus dem Internet herunterzuladen, historische Gigs von Daniele Baldelli bei YouTube nachzuholen oder Bücher wie die erwähnten zu lesen, tanzen nicht."
Im August 2019 wurde das 50jährige Jubiläum des Woodstock-Festivals gefeiert, das durch den Mammutfilm und ein Dreifachalbum den Mythos der Jugend- und Undergroundkultur der 60er Jahre für die Nachwelt konservierte und medial multiplizierte. Der „summer of love" als erster euphorischer Höhepunkt der Hippiebewegung war zum Zeitpunkt des Festivals schon fast zwei Jahre tot, offiziell zu Grabe getragen im Oktober 1967, wobei der zur Hymne gewordene Song von Scott McKenzie 'San Francisco' aus dem gleichen Jahr die Stimmung und den Spirit der Flower Power-Bewegung idealtypisch formulierte:„If you're going to San Francisco, be sure to wear some flowers in your hair. If you come to San Francisco, Summertime will be a love-in there."Im Herbst 2019 lief im Berliner PalaisPopulaire die Ausstellung 'summer of love - art, fashion and rockn'roll' über diese prägende Phase der Hippiebewegung im San Francisco des Sommers 1967, als hunderttausende junger Menschen in die Stadt an der Westküste der USA pilgerten, um vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs und einer verkrusteten, konservativen Gesellschaft ein alternatives und friedlicheres Lebensgefühl zum Ausdruck zu bringen. Zu sehen waren dort über 150 Objekte und Dokumente aus jener Zeit wie z.B. Plattencover, rare Fotographien, zeitgenössische Konzertplakate, psychedelic Art oder typische Kleidungsstücke der Hippie-Mode, wobei die Ausstellung auch versuchte, Kontinuitäten und Verbindungen zur Gegenwart aufzuzeigen:„Eigens für diesen Anlass wurde die Light Show von Bill Ham rekonstruiert, mit denen Konzerte von Bands wie Jefferson Airplane oder Grateful Dead zu multimedialen, multisensorischen Events wurden - an die später auch Rave und Techno anknüpften. Die Ideale des „Summer of Love" sind wieder aktuell. Sie vermitteln einen utopischen Aufbruchsgeist – gerade für eine junge Generation, die über ihre Zukunft selbst bestimmen will und sich mit Protestaktionen und Streiks für Gewaltlosigkeit, soziale Gerechtigkeit, ökologisches Bewusstsein und ein neues Gemeinschaftsgefühl einsetzt." (Ausstellungstext)Das unaufhörliche „Reframing" prägender vergangener Ereignisse, kultureller Muster oder sozialer und geistiger Bewegungen durch spätere oder aktuelle Generationen - also die kontinuierliche inhaltliche oder formale Bezugnahme auf die Vergangenheit als ständige Bearbeitung, Interpretation, Ergänzung, Umdeutung, Kritik, Abgrenzung oder Wiederbelebung einstiger Ideale und Utopien oder ihrer kreativen Ausdrucksformen - hält den kulturellen Schaffensprozeß und den sozialen Wandel in Gang. Dabei tendiert jede Gegenwart dazu, wenngleich auch meist vorschnell, einseitig und projektiv, die Deutungshoheit über die Vergangenheit zu erlangen, wie beispielsweise gerade die Geschichte der Religionen jede Menge Anschauungsmaterial für diesen kollektiven Umdeutungsprozeß liefert, wenn ältere religiöse Bräuche, Glaubensvorstellungen, Kultstätten, Tempel, heilige Schriften, Feiertage oder Rituale umgewidmet und in die neue dominierende Heilslehre eingegliedert werden.Ein prägnantes Beispiel für dieses kontinuierliche Reframing lieferte auch die mysteriöse „fliegende Kuh" im KitKat-Gästebuch, als sie im August 2019 zum Woodstock-Jubiläum den Festivalauftritt von Jefferson Airplane zu „Somebody to Love" verlinkte und gleichzeitig einen Technoremix des Song darunter setzte, wie er auch heute in den entsprechenden Clubs gespielt werden könnte (wenn auch nicht in der Version, die regelmäßig z.B. im KitKat zu hören ist). Eine schnelle YouTube-Recherche zeigt, daß ganz unterschiedliche moderne Fassungen des Klassikers existieren, wobei die variierende Umdeutung oder Überschreibung alter Inhalte, Rhythmen und Melodien einerseits dazu dient, das überzeitliche, unveränderliche und allgemeine, das gleiche im verschiedenen, zu bewahren und weiterzutragen und doch die formalen, also hier: die musikalischen, Ausdrucksformen dem Geschmack der Zeit, dem aktuellen Lebensgefühl und veränderten Lebensumständen oder neuen Herausforderungen anzupassen. Die tiefere inhaltliche Botschaft z.B. über die Kraft der Liebe angesichts zunehmender Verzweiflung bleibt aber tatsächlich zeitlos:„Wenn sich die Wahrheit als Lüge herausstellt und alle Freude in dir erstirbt: Willst du dann nicht jemanden, den du lieben kannst? Brauchst du dann nicht jemanden, den du lieben kannst? Wouldn't you love somebody to love? You better find somebody to love!"Was es vor diesem ganzen Hintergrund dann bedeutet, daß eine Ausstellung über die einstige Underground- und Gegenkultur ausgerechnet in einem Kulturzentrum stattfand, das von der Deutschen Bank gegründet und gesponsert wurde, darf jeder für sich selbst beantworten. Ist es der späte und nachträgliche Versuch, die subversiven und auch kapitalismuskritischen Ideale der Love & Peace-Generation endgültig zu vereinnahmen bzw. zu entschärfen oder treten sie verspätet doch noch ihren Siegeszug selbst in einem der Zentren der globalen Finanzindustrie an? Um die Deutsche Bank soll es allerdings wirtschaftlich nicht besonders gut stehen, wie man hört, aber das wäre wieder ein anderes Thema.Die Ausstellung wurde ursprünglich vom Fine Arts Museum in San Francisco konzipiert, wo sie bereits 2017 zum 50jährigen Jubiläum des summer of love zu sehen war. Zu diesem Anlaß ist ein umfangreicher Katalog in englischer Sprache erschienen, der auch in der Berliner Ausstellung auslag und zum Blättern, Stöbern und Schmökern einlud. Man findet darin einen Großteil der oben erwähnten Ausstellungsexponate, Illustrationen und alle weiteren „Erinnerungsanker" einer untergegangenen Zeit abgebildet, deren Impulse weit in spätere Jugend- und Subkulturen ausstrahlten. Der Band ist außerdem angereichert mit Essays und erklärenden Hintergrundtexten, so daß man insgesamt eine so inspirierende wie kompakte Übersicht über die damaligen Geschehnisse in den Händen hält, als kleiner Ersatz für all jene, die die Ausstellung verpasst haben, wie auch ein Leser in einem Kommentar auf Amazon andeutet:„It was unfortunate that I couldn't make it there in 2017 and consequently I missed this exhibition. This volume makes me realise what a great exhibition it must have been. It has to be one of the best all round books on the Summer of Love. I don't think that there is anything new in it for "students" of the period but it does bring together a huge amount of information in one volume. It has given me many hours of browsing and I am sure will continue to do so."University of California Press, Illustrated Edition, Juni 2017 erschienen, in englischer Sprache, 344 Seiten, 32,51 Euro.
Lesezeichen setzen (Bookmarken) bei...
Netzware von Andreas Wittich