"If the doors of perception were cleansed, everything would appear to man as it truly is, infinite". Anlässlich der Dokumentation über die Doors, die seit dem 1. Juli 2010 in den Kinos lief, hier eine kleine Auswahl von YouTube-Links mit Stücken der Sixties-Kultband, schwerpunktmäßig als Techno- bzw. Trance-Bearbeitungen. Einige Clips sind aber eventuell nicht mehr verfügbar:
You know the day destroys the night...Night divides the day...Tried to run, Tried to hide...Break on through to the other side!...(DJ Swamp Remix)
You know that it will be untrue...You know that I will be a liar...If I was to say to you...Girl, we couldn't get much higher...(Hot Rocks Club Remix)
Once I had, a little game...I liked to crawl, back into my brain...I think you know, the game I mean...I mean the game, called "go insane"...(Daytona Team y Senmove featuring Jim Morrison)
Not to see the sun...nothing left to do,but run, run, run...(Unlock the Doors, Remix by DJ Paul Edge)
...my only friend, the end...I'll never look into your eyes...Again...Von 'The End', einem der bekanntesten Stücke der Doors, nicht zuletzt, weil Regisseur Francis Ford Coppola den Song kongenial in seinem Meisterwerk 'Apocalypse Now' verwendete, gibt es gleich eine ganze Reihe von modernen Bearbeitungen, die den Song jeweils ganz unterschiedlich akzentuieren. Hier eine der populärsten Versionen, die immer wieder auch in Techno-Clubs und so auch im KitKat zu hören ist.
Jim Morrison, der Leadsänger der Doors, sah sich in erster Linie mehr als Dichter denn als Musiker. Nach seinem Tod unterlegte der Rest der Band Gedichtrezitationen von ihm mit neu komponierter Musik auf dem Album 'An American Prayer'. (Nick Grain Remix)
„If they say I never loved you, You know they are a liar": „Absolute awesome - Love it !!! - If The The Doors had started up today, it had mabe sounded something like this ?" (YouTube-Kommentar)
Von Infected Mushroom gibt es gleich eine ganze Reihe moderner Bearbeitungen von Doors-Songs. Hier ihre Version von Riders on the Storm, die die morbide und chillige Grundstimmung des Originals überraschend in ein dynamisch-treibendes und nervöses - und äußerst tanzbares - Gegenteil verwandelt.
„People are strange,When you're a stranger.Faces look ugly,When you're alone."
Hier das Stück, aus dessen Text sich der Titel zur obigen Doors-Dokumentation ableitet, noch einmal, aber in der Symphonic Version von Stargeiger Nigel Kennedy:When you're strange...When you're strange...When you're - straaange!(Jaz Coleman, Nigel Kennedy - The Doors Concerto)
Ein 39minütiger Deep House-Remix kombiniert verschiedene Doors-Songs, darunter Strange Days, Break on through, Light my Fire und Riders on the Storm.
„Music is your only friendUntil the endUntil the endUntil the end."
Willkommen im Magischen Theater: Eintritt nur für Verrückte! Oliver Stones Musik-Drama von 1991 über die Kultrockband der 60er öffnet die Pforten der Wahrnehmung und entführt in ein ganz eigenes Spiegelkabinett seelischer Abgründe und geheimer Obsessionen. Mit einem überragenden Val Kilmer als Jim Morrison, der hier als Dionysos der Pop-Kultur inszeniert wird, als altgriechischer Gott des Weines, des Festes, der rauschhaften Ekstase.
"Pünktlich zum Bundesstart von "Schwarze Schafe" geht die Schafe-Crew auf eine Tour durch Deutschland. Es erwarten euch verruchte Schafe-Parties mit allerlei Überraschungen und in drei Städten werden wir auch auf unseren Freund King Khan und seine Shrines treffen, die auf der Bühne stehen, während wir mit euch dazu feiern !"Dates findet Ihr unter "Schwarze Schafe ON TOUR"
Witzig, dass es jetzt einen Film über die Dead Chickens gibt ... kennengelernt haben wir sie 1994 über Falk Richwien, der damals das XXX-Xtrem im 3.Jahr veranstaltete und uns für eine Performance engagiert hatte. Diese nannten wir "When the beauties meet the beast". Daraus entstand dann auch unsere 1. große Party zur XXX-Xtreme, im Anschluß an unser Exil im Vereinheim.Zur Wiedereröffnung in der Turbine, eine Woche später, stellten die Dead Chickens verschiedene ihrer Objekte bei uns aus.
Lange, sehr lange, haben die Fans auf die Fortsetzung der schwarzen Komödie ‚Beetlejuice‘ von Kult-Regisseur Tim Burton warten müssen, denn der längst selbst zum Kultfilm gewordene moderne Komödienklassiker stammt bereits aus dem Jahr 1988. Verschiedenste Hindernisse mussten überwunden werden und nach mehreren Anläufen kommt jetzt ‚Beetlejuice Beetlejuice“ (oder auch einfach nur „Beetlejuice 2“) am 12. September endlich in die deutschen Kinos, nachdem er bereits Ende August bei den Filmfestspielen von Venedig als Eröffnungsfilm gezeigt worden war. Wieder unter der Regie von Tim Burton und erneut mit Michael Keaton in der Titelrolle. Hier zunächst eine knappe Beschreibung des ersten Teils, als Ausgangspunkt und Disposition für die Fortsetzung:Statt im Himmel landen das Ehepaar Adam und Barbara Maitland nach ihrem Tod auf dem Dachboden ihres eigenen Hauses und müssen zu ihrem Entsetzen mit ansehen, wie die neuen Besitzer, die dreiköpfige Familie Charles und Delia Deetz mit ihrer Tochter Lydia, ihr altes Heim völlig auf den Kopf stellen. Der „Bio-Exorzist” Beetlejuice soll die Eindringlinge vertreiben und greift zu unkonventionellen Mitteln... Ursprünglich als düster-brutaler Horrorfilm geplant veränderte Tim Burton nach der Verpflichtung seines Hauptdarstellers das Drehbuch und schuf stattdessen eine schwarzhumorige und überdrehte Horror-Komödie. Mit Michael Keaton als Poltergeist, der seinen Text fast ausschließlich improvisierte aber nur zu knapp 18 Minuten im Film zu sehen ist…„Beetlejuice (wörtlich: „Käfersaft“) ist ein Wortspiel mit „beet juice“ (Rote-Bete-Saft) und zugleich eine Verballhornung von Betelgeuse, dem englischen Namen des Sterns Beteigeuze.“ (Wikipedia)Die formale Besonderheit war schon damals der Verzicht auf aufwändige Computereffekte und ein spezifisch handgemachter Look, u.a. durch die Verwendung von Stop-Motion-Tricks, durch den das ganze äußere Setting mehr an eine Modelleisenbahn bzw. an ein Miniaturmodell erinnerte als an realistische Häuser samt natürlicher Umgebung. Dieser ästhetisch-praktischen Herangehensweise ist Tim Burton überwiegend treu geblieben, ebenso mit seiner Entscheidung, dass auch in Beetlejuice 2 die titelgebende Hauptfigur nur sehr begrenzt im Film auftritt.Die Fortsetzung setzt viele Jahre später ein. Verschiedene Generationen der Familie Deetz kehren auf Grund eines traurigen Anlasses nach Winter River zurück. Die einstige Teenie-Tochter Lydia Deetz ist erwachsen geworden und moderiert nun eine eigene TV-Show, in der es um die Untersuchung von paranormalen Phänomenen geht, während ihre eigene Tochter Astrid das alles für völligen Blödsinn hält. Bei der Beerdigung von Lydias Vater Charles, die ihre Mutter Delia in ein einziges Kunst-Happening verwandelt, wird Lydia plötzlich von Beetlejuice-Visionen heimgesucht. Doch der Poltergeist hat ganz andere Probleme, wird er doch von seiner Ex, die er einst vor Jahrhunderten in der Hochzeitsnacht zerstückelt hatte, gestalkt und gejagt. Schon bald geht alles drunter und drüber, zwischen Diesseits und Jenseits... „Keine Frage, die Gags in „Beetlejuice Beetlejuice“ sind teilweise wieder dunkelschwarz. (…) Während das Jenseits vor allem mit einer ganzen Parade an kreativ gestorbenen Geistern begeistert, punktet das Diesseits mit dem Aufeinandertreffen der Goth-Idole zweier verschiedener Generationen: „Heathers“-Ikone Winona Ryder trifft „Wednesday“-Shooting-Star Jenna Ortega. Stimmiger wurden Mutter-Tochter-Gespanne selten besetzt. (...) "Beetlejuice, Beetlejuice“ bietet vor allem von allem mehr: Ein etwas ausfransender, aber zugleich gewaltiger Grusel-Spaß, der dem kreativ-anarchischen Geist des Originals weitestgehend treu bleibt.“ (filmstarts.de)Das Babylon-Kino in Berlin Mitte zeigt bereits seit der letzten Augustwoche und (verlängert) noch bis zum 19. September unter dem Titel „Tim Burton – The Legend“ eine umfassende Retrospektive, in der insgesamt 16 Werke des kreativen Kinogenies zu sehen sind, darunter so bekannte und populäre Filme wie ‚Sleepy Hollow‘ (noch Dienstag den 17.9.), ‚Alice in Wonderland‘ (Mo., 16.9.) oder ‚Charlie and the Chocolate Factory‘ (Di, 17.9.), zumeist in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Auf folgende drei weitere sei hier noch besonders hingewiesen:Edward mit den Scherenhänden, USA, 1990, Fantasy-DramaAvon-Beraterin Peg findet in einem Schloss einen unvollendeten künstlichen Menschen, der statt Händen Scheren und Messer besitzt, und nimmt ihn mit zu sich nach Hause. Dort verliebt er sich in ihre Tochter Kim... Erster großer Erfolg von Johnny Depp in einem typischen Film von Regisseur Tim Burton, mit einer opulent-bizarren Bildästhetik, ironisch-skurrilen Situationen und einer melancholisch-anrührenden Poesie: „Moderne Vision der alten Geschichte vom Ungeheuer und der Schönen, gespickt mit Zitaten aus der Filmgeschichte, voller hübscher inszenatorischer Einfälle und gut gespielt.“ (Rowohlt-Filmlexikon) Der Film läuft im Babylon-Kino am Freitag den 13. September um 18 Uhr, am Montag den 16. September um 22 Uhr und am Mittwoch den 18. September um 21 Uhr 15, jeweils im Original mit Untertiteln.Big Eyes, USA/KAN, 2014, DramaDie USA gegen Ende der 50er Jahre: Die Malerin Margaret Keane verlässt ihren Mann und zieht mit ihrer Tochter nach Kalifornien. Das Markenzeichen ihrer Bilder sind die großen puppenartig stilisierten Augen der von ihr gemalten Frauen, Kinder und Tiere, was beim großen Publikum sehr gut ankommen wird, bei den Kritikern dagegen weniger („Kitsch!”). Als sie einen neuen Mann kennenlernt und heiratet, der ebenfalls Maler ist, bekommt ihre Künstlerkarriere eine überraschende Wendung, denn er überredet sie, ihre Bilder unter seinem Namen zu veröffentlichen!... „Die Augen sind das Fenster zur Seele.” Dies ist nicht nur das Leitmotiv der realen Margaret Keane, deren wahre Geschichte dem Film zu Grunde liegt, sondern auch des Künstler- und Emanzipationsdramas von Regisseur Tim Burton selbst, der sich in der Vergangenheit schon öfters dem Schicksal sensibler Außenseiter zugewandt hat. Mit Amy Adams und Christoph Waltz. Der Film läuft im Babylon-Kino nur noch am Samstag den 14. September um 17 Uhr 45. Im Original mit Untertiteln.Big Fish, USA, 2003, TragikomödieDer Geschichtenerzähler Edward Bloom liegt im Sterben und erzählt seine eigene, ungewöhnliche Lebensgeschichte. Sein Sohn William hat mit der Fabulierkunst des Vaters allerdings große Probleme... "Es ist Tim Burtons bislang reifster, geschlossenster Film, dessen grenzenloser Optimismus die Grufti-Fraktion unter den Burton-Fans verblüffen wird." (TV-Spielfilm) "Die schwelgerisch erzählte, höchst unterhaltsame Schelmengeschichte verdichtet sich unter der grandiosen Bildregie zu einer Hommage ans Geschichtenerzählen und ans Kino, wobei sich Mythen, Münchhausiaden und Wirklichkeit zu einer stimmigen Einheit verbinden." (Lexikon des Internationalen Films) Der Film läuft im Babylon-Kino nur noch am Dienstag den 17. September um 20 Uhr. Im Original mit Untertiteln.Den ersten Teil von ‚Beetlejuice‘ kann man dagegen im Babylon-Kino noch am Freitag den 13. September (20 Uhr), am Samstag den 14. September (20 Uhr), am Montag den 16. September (22 Uhr), am Dienstag den 17. September (19 Uhr 30), am Mittwoch den 18. September (20 Uhr) und am Donnerstag den 19. September (19 Uhr 30) jeweils in der Originalfassung ansehen. Teil 2 bzw. ‚Beetlejuice Beetlejuice‘ wird dagegen in vielen anderen Berliner Kinos gezeigt, so z.B. mindestens bis zum 18. September im Zoo-Palast am Bahnhof Zoo im Kino 1 auf der übergroßen Leinwand.
Originaltitel: Beetlejuice BeetlejuiceRegie: Tim BurtonLänge: 105 (min)Darsteller: Michael Keaton, Winona Ryder, Catherine O’Hara, Jenna Ortega, Monica Bellucci, Willem Dafoe, Danny DeVito...Produktionsort: USAProduktionsjahr: 2024Startdatum: 12.09.2024
Emma Stone funkelt erneut als alles überstrahlender Star am Hollywood-Himmel, nach ihrem Oscar als Beste Hauptdarstellerin schon 2017 in 'La La Land' und vielen weiteren Triumphen in den letzten fünfzehn Jahren. Ihr neuester Film 'Poor Things' wird bereits jetzt als heißer Favorit für die diesjährigen Oscars gehandelt, nach dem er schon letztes Jahr den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen in Venedig für den besten Film gewonnen hat und den Regiepreis bei den Golden Globes. Unter der Regie des griechischen Regisseurs Yorgos Lanthimos (‚Attenberg‘, ‚The Lobster‘, ‚The Killing of a Sacred Deer‘) entführt sie uns in ein abstraktes und idealisiertes viktorianisches Zeitalter voller Wunder und märchenhafter Elemente. Ein retro-futuristisches Design, oft in einer verzerrten Optik z.B. durch extreme Weitwinkel oder einen Fisheye-Effekt, beschwört einerseits eine Atmosphäre, die an den deutschen Expressionismus erinnert aber auch an eine Welt, die noch phantastischer anmutet als bei Jules Verne.Emma Stone spielt Bella Baxter, "die Schöne", doch sie ist gerade nicht das Klischee einer Barbie-Puppe sondern eine Frau mit dem Gehirn eines Babys, eine Mensch-Chimäre, auf der Suche nach Empowerment und weiblicher Selbstermächtigung. Sie ist das Ergebnis eines so lebensrettenden wie gruseligen Experiments ihres exzentrisch-genialen Arztes Godwin Baxter, der nicht zufällig an Dr. Frankenstein erinnert, denn die ganze Geschichte kann als eine Art feministische - manche Kritikerinnen sagen pseudofeministische - und mehr noch als groteske Variante des Frankenstein-Mythos verstanden werden.Bella entwickelt einen unersättlichen Appetit auf die Mysterien der Welt - und auf die Geheimnisse des Geschlechtsverkehrs. Sex und alles was damit zu tun hat, werden zwar sehr wichtig für Bella, doch haben die vielen Sexszenen des Films weniger einen aufreizenden sondern mehr einen klinischen, skurrilen oder psychologisch-experimentellen Charakter. Sie ist einerseits eine Frau der Wissenschaft, doch oft erinnert sie in ihrer unschuldigen Herangehensweise an die Welt der Dinge und die Welt der Menschen auch einfach nur an ein großes Kind. In ‚Poor Things‘ gibt es viele Konflikte, Widersprüche und Irritationen, die Geschichte ist mal lustig, mal bizarr und mal ein kleines bisschen pervers. Es sei eine Art "perverse Coming-of-Age Geschichte", wie es Filmkritiker Rüdiger Suchsland (Telepolis) beschreibt, der auch eine Reihe möglicher und wahrscheinlicher Inspirationsquellen für ‚Poor Things‘ aufzählt. Er nennt Kinoklassiker wie (natürlich) 'Frankenstein' und 'Pygmalion' oder 'Metropolis', aber auch der Roman 'Justine' von Marquis de Sade, dadaistische Erotik und schwarze Komödien werden erwähnt, das Spiel mit dem Kitsch und dem Absurden oder Regisseure wie Luis Buñuel, Peter Greenaway, Michael Haneke, Alejandro Jodorowsky, Terry Gilliam und David Lynch hätten ihre Spuren hinterlassen. Der Film und insbesondere seine formale Machart lassen den Kritiker aber gespalten zurück („mal möchte man den Film mögen, mal lässt er komplett kalt“): „“Poor Things“ leidet an den gleichen Problemen wie Wes Andersons letztes Werk “Asteroid City“, das ebenso frustrieren konnte, weil es in die Falle eines Formalismus ohne viel diskursives Leben tappte, abgesehen von einer gewissen Suche nach einem paradoxen Humanismus, kombiniert mit Distanz zu den Figuren und dem Erzählten, und einem ornamentalen Ästhetizismus. (...) Ein Film, der pure postmoderne Referenzanhäufung und Patchwork ist." (Suchsland)'Poor Things' zelebriere an seiner Hauptfigur "die schöne Pippi-Langstrumpf-Freiheit", in dem ein Mensch mit kindlichem Gemüt tut, was ihm gefällt und insofern ist Bella Baxter in ihrer naiven Gutgläubigkeit für Suchsland die bessere Barbie. In seinem aber letztlich ambivalent bleibenden Fazit zitiert er zwar einerseits zustimmend den Schluss der Filmbesprechung von Kollege Axel Timo Purr (artechock.de), stellt aber gleichzeitig in Frage, ob dessen Resümee wirklich etwas mit dem Film von Lanthimos zu tun habe. Purr schreibt – und bezieht sich dabei auf den Film von Nicolette Krebitz 'Wild' aus dem Jahr 2016, in dem die weibliche Hauptfigur einen Wolf fängt und in einer Wohnung hält:"Wir müssen uns gar nicht so wie in Nicolette Krebitz Wild befreien, indem wir uns zurück zu Kind und Tier bewegen, sondern wir sollten die Welt in all ihren Widersprüchen umarmen, halt so wie sie ist: komplex. Mehr Freiheit und Spaß und Erkenntnis geht kaum." (Axel Timo Purr)Purr erinnert damit direkt oder indirekt an eine zentrale Passage aus Hermann Hesses Romanklassiker 'Der Steppenwolf' von 1927, die auch schon in der Besprechung zum Film von Nicolette Krebitz hier an dieser Stelle zitiert wurde:„Harry kann niemals wieder ganz zum Wolfe werden, und würde er es, so sähe er, dass auch der Wolf wieder nichts Einfaches und Anfängliches ist, sondern schon etwas sehr Vielfaches und Kompliziertes. Auch der Wolf hat zwei und mehr als zwei Seelen in seiner Wolfsbrust, und wer ein Wolf zu sein begehrt, begeht dieselbe Vergesslichkeit wie der Mann mit jenem Liede „O selig ein Kind noch zu sein!” (...) Zurück führt überhaupt kein Weg, nicht zum Wolf, noch zum Kinde. Am Anfang der Dinge ist nicht Unschuld und Einfalt; alles Erschaffene, auch das scheinbar Einfachste, ist schon schuldig, ist schon vielspältig, ist in den schmutzigen Strom des Werdens geworfen und kann nie mehr, nie mehr stromaufwärts schwimmen. (...) Jede Geburt bedeutet Trennung vom All, bedeutet Umgrenzung, Absonderung von Gott, leidvolle Neuwerdung. Rückkehr ins All, Aufhebung der leidvollen Individuation, Gottwerden bedeutet: seine Seele so erweitert zu haben, dass sie das All wieder zu umfassen vermag.”'Poor Things' ist ganz gewiss ein Film, der die Grenzen gleich aller möglichen Genres sprengt, ein visuelles Fest mit einer höchst eigentümlichen Heldin und einer bizarren Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Doch ob es tatsächlich der beste Film des Jahres wird, wie viele Kritiker und Zuschauer bereits jubeln, bleibt abzuwarten bzw. das muss jeder natürlich selbst entscheiden. Einer der ungewöhnlichsten und verrücktesten ist er jetzt schon auf jeden Fall!PS: Hier noch eine Auflistung von Titeln nur von deutschsprachigen Filmbesprechungen, die die ungeheure und vielschichtige Resonanz auf Lanthimos Filmgroteske schon andeuten:"Sex, Körperfantasy und Emma Stone" (telepolis.de)"Frankensteins Tochter" (artchock.de)""Poor Things": Bizarr-lustige Frankenstein-Komödie mit Emma Stone" (ndr.de)"Yorgos Lanthimos, Regisseur der brillanten Komödie «Poor Things», ist ein Meister der Groteske..." (Neue Zürcher Zeitung)"Das Aufregendste, was es seit langer Zeit im Kino zu sehen gab" (spiegel.de)"„Poor Things“: Das schamlose Sci-Fi-Meisterwerk gilt zu Recht schon als der beste Film 2024" (kino.de)Tragikomödie "Poor Things" (rbb-online.de)"Emma Stone in „Poor Things“ - Feministischer Zeitgeist-Hit" (Frankfurter Rundschau)"Poor Things: Frankensteins Monster als Feministin im Weltenrausch" (Neues Deutschland)"Wenn feministisches Kino, dann so" (welt.de)""Poor Things - Girlboss-Feminismus meets Männerphantasien" (kaput-mag.com)"Eine Welt aus Zucker und Gewalt" (tagesspiegel.de)"Die Furchtlose" (zeit.de)"Schamloser geht es nicht" (sueddeutsche.de)"„Poor Things“ ist neue Nummer eins der deutschen Arthouse-Kinocharts" (Blickpunkt: Film)UPDATE/Juni 2024: Bei der Oscarverleihung im März musste sich ‚Poor Things‘ zwar dem großen Gewinner ‚Oppenheimer‘ von Christopher Nolan geschlagen geben, der insgesamt sieben Auszeichnungen erhielt. Trotzdem gab es immer noch vier Preise und darunter vor allem den zweiten Oscar als Beste Hauptdarstellerin für Emma Stone! Der Film ist schon am 18. Januar regulär in den deutschen Kinos angelaufen, er ist aber immer noch in verschiedenen Programmkinos zu sehen, in Berlin zur Zeit etwa im Moviemento (25.6. und 2.7.), vereinzelt sogar in dem ein oder anderen Multiplex-Center. Am 26. Juni, 18 Uhr, gibt es ein Special Screening in Anwesenheit von Constanza Macras, der Choreographin des Films, im delphi Lux an der Berliner Kantstraße, im englischsprachigen Original mit Untertiteln, organisiert von der Hellenischen Gemeinde: „Constanza Macras, die Choreografin der ikonischen Tänze von Emma Stone und Mark Ruffalo, kommt in die Vorstellung und freut sich darauf, alle Eure Fragen zu beantworten. Vorab und im Anschluß haben wir griechischen Wein organisiert…“‚Poor Things’ wird außerdem in verschiedenen Berliner Open Air-Kinos gezeigt, so Freitag d. 28.6.24 im Kulturforum am Potsdamer Platz, Dienstag d. 2. Juli im Freilichtkino Hasenheide, Samstag d. 6. Juli im hofkino.berlin, Sonntag d. 7. Juli im Freiluftkino Insel @ Atelier Gardens, Dienstag d. 9. Juli wieder im Freilichtkino Hasenheide, ebenfalls dort am Samstag d. 20. Juli, Dienstag d. 23. Juli im Freilichtkino Kreuzberg, Sonntag d. 28. Juli im Freilichtkino Friedrichshain, Montag d. 29. Juli im Freilichtkino Rehberge und Freitag d. 9. August 2024 im Waschhaus Open Air Kino in Potsdam. Über die jeweilig angebotene Fassung bitte vorab im Netz informieren.Der Film ist schließlich bereits im April auf DVD und Blu-ray erschienen und kann auch auf Amazon gestreamt werden.
Originaltitel: Poor ThingsRegie: Giorgos LanthimosLänge: 141 (min)Darsteller: Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe, Suzy Bemba, Hanna Schygulla ...Produktionsort: Vereinigtes KönigreichProduktionsjahr: 2023Startdatum: 18.01.2024
"Ein Spektakel hedonistischer Exzesse" (filmeundserien.news)„Babylon – Rausch der Ekstase: Ein Höllen-Trip durch die wilde Jugend des Kinos” (gq-magazin.de)"Schlüsselloch der Sünde: Brad Pitt und Margot Robbie verglühen im Ruhm" (bild.de)„In „Babylon – Rausch der Ekstase“ mit Margot Robbie und Brad Pitt erzählt Regisseur Damien Chazelle von den Anfängen der Filmindustrie in Hollywood, von exzessiven Partys, anarchischen Dreharbeiten und vom Einzug des Tonfilms, der plötzlich alles änderte. Ein ambitioniertes 80 Millionen teures Projekt mit Höhen und Tiefen.” (swr.de)„Ganz schnell wird man hineingeworfen in das Hollywood der Zwanziger Jahre, denn Chazelle stürzt sich mitten hinein in eine überbordend orgiastische Party in der einsam in den Hügeln von Hollywood gelegenen Riesenvilla eines mächtigen Filmmoguls, in einen schwindelerregenden Rausch aus tanzenden, saufenden, johlenden und kopulierenden Körpern, in ein Sündenbabylon mit Ausschweifungen und Exzessen aller Art: Alkohol in Strömen, Kokain in Bergen und ungehemmter Sex vor aller Augen.” (rbb-online.de)„In seinem Kino-Musical „La La Land“ hat der Regisseur Damien Chazelle den Mythos Hollywood befeuert – in „Babylon“ nun zeichnet er mit Margot Robbie und Brad Pitt das Höllengemälde einer Traumfabrik , die ihre Kinder verschlingt.” (stuttgarter-nachrichten.de)„Hollywood Babylon: Grelle Bilder und 80 Millionen Produktionskosten: Mit „Babylon“ nähert sich Regisseur Damien Chazelle nach „La La Land“ noch einmal der Traumfabrik. Dieses Mal jedoch auf entgegengesetzte Weise.” (rp-online.de)„Chazelle, der auch das Drehbuch schrieb, modellierte seine Figuren an Vorbildern wie den Stummfilmstars Douglas Fairbanks oder Rudolph Valentino, Margot Robbie fand ihre Inspiration für die Rolle im Schicksal des It-Girls Clara Bow.” (spiegel.de)„Schon nach den allerersten Vorführungen sickerte schnell durch, dass die Oscar-Spekulationen wohl verfrüht gewesen seien – und jetzt, wo wir den Film gesehen haben, wissen wir auch warum: „Babylon“ ist nämlich alles andere als ein erlesen-geschmackvoller Crowdpleaser, der sein Publikum mit farbenfrohen Bildern mild-ausufernder Zwanziger-Jahre-Partys zum Mitswingen animiert. Stattdessen liefert Damien Chazelle hier einen an Derbheit kaum zu übertreffenden Rausch, bei dem Natursekt, Kotze, vor Schlangengift schäumendes Blut und ein dicker fetter Haufen Elefantenscheiße gleichberechtigt neben dem Champagner stehen. Für die Oscars ist „Babylon“ eigentlich viel zu geschmacklos – und gerade das macht ihn so mitreißend-sehenswert!” (filmstarts.de)„Schon der Titel lässt als eine Inspirationsquelle »Hollywood Babylon« vermuten, Kenneth Angers 1959 erschienene Skandalchronik der Traumfabrik, die im ersten Satz gleichfalls Elefanten auftreten ließ (wenn auch bloß in Gestalt riesiger Gipsskulpturen inmitten der Kulissen des Stummfilmepos »Intolerance«). Während jenes vermeintliche Sachbuch die Sex- und Drogeneskapaden realer Stars und Sternchen schamlos ausschmückte, verfremdet Chazelles Drehbuch die mutmaßlichen Vorbilder seiner Hauptfiguren jedoch bis zur Unkenntlichkeit.” (jungewelt.de)„Die Zivilisationskritik, die Damien Chazelle in seiner monumentalen Hollywood-Satire Babylon entfaltet, ist schon von größeren Denkern formuliert worden, aber selten mit größerer Drastik an den Epochenwandel vom Stummfilm zum Tonfilm geknüpft worden.” (zeit.de)„Das Kino stirbt. Mal wieder. Mit schöner Regelmäßigkeit wird das Ende der 7. Kunst beschworen. Erst war es das Fernsehen, dann die VHS-Kassette, später DVD und Blu-Ray. Aktuell ist es das Streaming, das das Kino endgültig zerstören soll. (...) Kann das Kino wirklich gerettet werden, indem seine Vergangenheit beschworen wird?” (taz.de)„„Babylon“ von Damien Chazelle ist ein überaus opulenter Film, der tief in das Hollywood der 1920er-Jahre eintaucht. Spektakel und Ekstase sind allgegenwärtig. Doch am Ende fehlt dem Regisseur ein kohärenter Gedanke zu seinem dramatischen Stoff.” (deutschlandfunkkultur.de)„Damien Chazelle gilt seit seinem Oscar-Erfolg mit »La La Land« als Hollywood-Wunderkind. Doch sein dreistündiger, überbordender neuer Film »Babylon« scheint Kritik und Publikum zu überfordern.” (spiegel.de)„Wer im KitKatClub in Berlin am Türsteher gescheitert ist, bekommt von Chazelle nun freien Eintritt. Doch hat man diesen tragischen Einstand einmal überstanden, wendet der Regisseur seinen Umgang mit dem Film um 180 Grad und distanziert sich zunehmend von unangenehmen Obszönitäten.” (riecks-filmkritiken.de)„An den amerikanischen Kinokassen funktioniert „Babylon“ nicht wie erhofft. Eine große Überraschung ist das nicht. Abgesänge können ja erst gesungen, Trauertränen erst vergossen werden, wenn das, dem sie gelten, nicht mehr existiert.” (welt.de)„Die heillose Konfusion der Tonlagen und Perspektiven erreicht ihren Höhepunkt aber erst, wenn ein abschließender Zeitsprung ausgerechnet »Singing in the Rain« (1952) als denkbar gegensätzliche, zweite Inspirationsquelle offenbart. Von der handwerklichen Perfektion jenes Klassikers ist »Babylon« ähnlich weit entfernt wie von den Qualitäten von Chazelles vorherigen beiden Filmen, dem hinreißend leichthändigen »La La Land« (2016) oder dem psychologisch genauen »Aufbruch zum Mond« (2018)”. (jungewelt.de)„Größer, lauter, noch schnellere Schnitte, befeuert von einem gnadenlos atemlosen Jazz-Soundtrack: Damien Chazelle will Skandal zeigen und schockieren, und hat sich dafür reichlich am Exzess-Büffet bereits vorhandener Filme, vor allem bei seinem Kollegen Baz Luhrmann, bedient. Er erreicht aber das Hauptziel nicht:„Weißt du was wir tun müssen? Wir müssen den Film neu erfinden, Träume einfangen und sie auf Zelluloid bannen.“ (Szene aus dem Film)“ (ndr.de)
Originaltitel: BabylonRegie: Damien Chazelle Länge: 188 (min)Darsteller: Margot Robbie, Brad Pitt, Diego Calva, Tobey Maguire...Produktionsort: USAProduktionsjahr: 2022Startdatum: 19. Januar 2023
Vom 26. bis zum 29. Mai 2022 findet in Berlin wieder das XPOSED Queer Film Festival statt, bereits zum 16. Mal, das einen breiten Querschnitt des alternativen queeren Kinos auf die große Leinwand bringt. Insgesamt sind 13 Langfilme und 42 Kurzfilme in drei Berliner Kinos zu sehen, dem Moviemento in Kreuzberg und dem Wolf und dem IL Kino in Neukölln:„"Die 16. Ausgabe von XPOSED feiert Queerness als eine Herangehensweise, eine Erfahrung, und eine Perspektive auf die Welt", erzählt Merle Groneweg, neue Festivalleitung von XPOSED nach mehreren Jahren der Co-Direktion und Kuration. "Wir freuen uns darauf, diese großartigen Filme mit unserer Community teilen und diskutieren zu dürfen. Wir sind dankbar, wieder im Kino zu sein."" (queer.de)Der konzeptionelle Schwerpunkt der 16. Ausgabe insbesondere bei den 13 Langfilmen besteht diesmal in der Frage nach den unterschiedlichen filmischen Erzählweisen unter den Gesichtspunkten der Repräsentation, der Sichtbarkeiten und der Verletzlichkeiten: „Who tells a story, why, how, and to whom?" (Veranstaltungstext)In 'Neptune Frost' (Donnerstag, Moviemento, 20 Uhr 15), einer Art queeres Science Fiction-Punk-Musical aus Afrika, wird die Geschichte einer Gruppe von Minenarbeiter in Burundi erzählt, die aus einer Coltan-Mine fliehen. Als einer der Arbeiter in einer schicksalshaften Begegnung auf einen Intersexuellen trifft, werden die beiden zu Boten der Rebellion und einer neuen Zeit: "The dialogue is poetry, unconcerned with coherence or a literal understanding of what's taking place on screen." (Filmbeschreibung)Die Dokumentation 'Shinjuku Boys' (Samstag, Moviemento, 16 Uhr) schon von 1994 stellt drei sogenannte „Onnabes" vor, die als Hostessen im New Marilyn Club in Tokyo arbeiten. Onnabes sind Frauen, die als Männer leben, sich aber normalerweise nicht als Lesben identifizieren. Der Film liefert damit sowohl eine anschauliche Beschreibung der so differenzierten wie komplexen weiblichen Sexualität in Japan als auch ein Stück queerer Geschichte der 90er: „As the film follows them at home and on the job, all three talk franklyto the camera about their gender-bending lives, revealing their views about women, sex, transvestitism and lesbianism. Alternating with these illuminating interviews are fabulous sequences shot inside the Club, patronized almost exclusively by heterosexual women who have become disappointed with real men." (Filmbeschreibung)'Wet Sand' (Samstag, IL Kino, 19 Uhr) spielt in einem Dorf an der georgischen Schwarzmeer-Küste. Ein Mann wird erhängt aufgefunden, tragische Konsequenz einer versteckten und „verbotenen" Liebe, und als seine Enkelin nach den Ursachen und tieferen Zusammenhängen forscht, wird sie mit einem Geflecht aus Lügen in der Dorfgemeinschaft und ihrer eigenen Familie konfrontiert, die letztlich in konservativen Moralvorstellungen wurzeln: „Director Elene Naveriani reflects on the pitfalls of a close-knit village community and its violent nationalist and religious values, all the while laying open the beacons of Hope." (Filmbeschreibung)'Mothers of Derrick' (Sonntag, Moviemento, 16 Uhr) porträtiert vier Frauen - Lesben und Bisexuelle, Non-Monogame und Anarchistinnen - die gemeinsam ein Haus bauen, um einen Jungen in einem Wald an der brasilianischen Südküste großzuziehen, den neunjährigen Derrick. Im Spannungsfeld zwischen der Unterstützung durch einen sympathisierenden und befreundeten Direktor und anhaltender Schwierigkeiten durch die Polizei zeigt der Film ihren Kampf gegen die Zwänge der Normalität und die empowernde Kraft der Solidarität.In dem Dokumentarfilm 'Framing Agnes' (Sonntag, IL Kino, 19 Uhr) geht es um eine junge Transfrau, die schon Ende der 50er Jahre an der Universität von Kalifornien mit der herrschenden Geschlechterordnung in Konflikt geriet bzw. um Anerkennung und Unterstützung für ihre geschlechtliche Identität kämpfte: „In Begleitung eines Ensemble-Casts von trans* Künstler*innen und Performer*innen wird durch Reenactment und genre-übergreifende Erzähltechniken neues Leben in bisher unbekannte Persönlichkeiten geschaffen, die das Verständnis von Geschlecht mitte des 20. Jahrhunderts neu definiert haben. Wer wird zu einem Symbol für was, und für wen?" (queer.de)Das Festival zeigt auch noch einmal die beiden Gewinnerfilme des Teddy Awards auf der Berlinale 2021 und 2022. Miguels War' (Samstag, Wolf Kino, 21 Uhr 10) erzählt die dramatische und wendungsreiche Lebensgeschichte eines schwulen Libanesen vom libanesischen Bürgerkrieg in den frühen 80er Jahren bis hin zu seiner Zeit im Barcelona der Gegenwart. In 'Três tigres tristes' (Moviemento, Sonntag, 20 Uhr 15) dagegen geht es um ein Virus, das die Erinnerung angreift und drei queere junge Menschen im brasilianischen São Paulo, die ihre verschiedenen Erfahrungen miteinander teilen und dadurch dieser Pandemie trotzen können.Das XPOSED Queer Film Festival Berlin wurde ursprünglich einst gegründet, um preisgekrönte queere Kurzfilme aus Australien einem internationalen Publikum bekannt zu machen. Längst hat sich die Perspektive grundlegend erweitert, aber die Kurzfilm-Sektion bildet weiterhin einen starken Schwerpunkt des Festivals. Diesmal werden insgesamt 7 Kurzfilmprogramme mit insgesamt, wie eingangs erwähnt, 42 Kurzfilmen gezeigt, die alle im Moviemento laufen, sortiert und gegliedert unter folgenden Überschriften: 'Another Echo Chamber' (Donnerstag, 18 Uhr), 'Cracks Belong' (Freitag, 18 Uhr), 'A Constant Struggle' (Freitag, 20 Uhr 15), 'Bodies in Motion' (Samstag, 14 Uhr), 'Heart to Heart' (Samstag, 18 Uhr), 'Failing the History Class' (Samstag, 20 Uhr 15) und 'Young Gaze' (Sonntag, 18 Uhr). Die einzelnen filmischen Beiträge stammen etwa aus Argentinien, Bulgarien, Kanada, Deutschland, Georgien, Iran, Nigeria, Pakistan, Portugal, Slowenien, Thailand, der Türkei und vielen weiteren Ländern mehr. Themen, die behandelt werden, sind unter vielen anderen z.B. die täglichen Kämpfe vieler queerer Menschen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten, die Kritik binärer Geschlechterkonzeptionen oder patriarchaler und kolonialer Tradtionen oder der Körper als Ort der Transformation.Ein Rahmenprogramm mit special events, z.B. zur 8. Verleihung des Lolly Award oder zur queeren Filmförderung, rundet das ganze Festival ab. Mehr dazu - und natürlich zu den einzelnen Filmen, auch zu den oben nicht schon erwähnten - und weitere Informationen findet man auf der Homepage der Veranstalter mit Klick auf die Überschrift.
Anfang des 20. Jahrhunderts zog es Menschen aus der ganzen westlichen Welt in eine Künstler- und Aussteigerkommune in die Schweiz in die Nähe von Ascona, wo Ida Hofmann ein Sanatorium auf dem Monte Verità gegründet hatte, „dem Berg der Wahrheit". Die Kommune war Teil der sogenannten und in sich sehr heterogenen Lebensreformbewegung, die als Antwort und kritischer Reflex auf die vielfältigen Entfremdungs- und Degenerationserscheinungen der expandierenden Industriegesellschaft des Frühkapitalismus schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts verschiedene Ideale und neue Lebenspraxen propagierte: Vegetarismus, Ausdruckstanz, Freikörperkultur und freie Liebe, Naturheilkunde, Kleidungsreform, Reformpädagogik, Pazifismus, neue Architektur, Gemeinschaftsorientierung, landwirtschaftliche Reformen, allgemeine Hin- bzw. Rückwendung zur Natur, zur Jugendbewegung und dem Wandervogel, Offenheit für neue künstlerische Bewegungen oder Aneignung östlicher bzw. spiritueller Weltanschauungen wie Buddhismus, Yoga, Theosophie und ähnliches mehr.Der Spielfilm porträtiert diese Aussteigergemeinschaft auf dem Monte Verità und schildert verschiedene Ereignisse bzw. die Geschichte der Selbstfindung ihrer Mitglieder aus der Sicht einer erfundenen Figur, einer jungen Frau und zweifachen Mutter aus Wien namens Hanna Leitner auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Mann und der erdrückenden Enge ihres bürgerlichen Lebens. Hier begegnet sie nun auch verschiedenen prominenten Figuren der Zeitgeschichte, die es tatsächlich gegeben und die vorübergehend in der Künstlerkommune gelebt haben, wie z.B. der schon erwähnten Frauenrechtlerin und Pianistin Ida Hofmann (gespielt von Jutta Jentsch), dem Schriftsteller Hermann Hesse, der Tänzerin Isadora Duncan oder dem Psychoanalytiker und Anarchisten Otto Gross, der als Hannas behandelnder Arzt vorgestellt wird, dem sie auf den Monte Verità gefolgt war. Die formale Machart des Films entspricht dabei einem konventionell und chronologisch erzählten Biopic und Historiendrama, das einige Kritiker inspirierend, sinnlich und vor grandioser Naturkulisse erkenntnisfördernd empfanden, andere hingegen eher etwas langatmig, vorhersehbar oder kraftlos:„Wer einen historisch korrekten Dokumentarfilm erwarte, werde enttäuscht sein. Wer hingegen das Lebensgefühl der Anti-Bourgeoisie des frühen 20. Jahrhunderts erleben möchte, für den sei der Kostümfilm genau das Richtige." (cineman.ch)„Zwar greife der Film ein Thema auf, das 120 Jahre später aktueller ist denn je, allerdings könne die fantasielose Inszenierung mit der gesellschaftlichen Relevanz nicht ganz mithalten." (OutNow.ch)Die Bewertung des Films sei nun dahingestellt bzw. jedem selbst überlassen, doch es kann keinen Zweifel darüber geben, dass die Thematik der Kritik an den modernen Lebensverhältnissen und die Suche nach Alternativen tatsächlich von bleibender Aktualität und anhaltender Bedeutung ist! Die Lebensreformbewegung war dabei - vermittelt durch verschiedene Auswanderer noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts - eine direkte Inspirationsquelle für verschiedene Aussteigergenerationen in den USA, von den Beatniks der späten 40er und 50er Jahren bis zu den Hippies der Sixties, die wiederum, gewissermassen als Re-Import, die unterschiedlichen grün-alternativen Subkulturen in der westdeutschen Bundesrepublik der 70er und 80er Jahre zentral beeinflussten und motivierten. Dies führte u.a. auch zur Gründung vieler Landkommunen und verschiedenster ökologischer Projekte, deren Strahlkraft letztlich bis in gesellschaftliche und politische Debatten der Gegenwart z.B. um Klimawandel, Energiepolitik, Veganismus und grundsätzliche Fragen nach einem nachhaltigen Lebensstil reichen. Die Lebensreformer nahmen dabei selbst schon viele Impulse viel älterer spiritueller, geistiger und kultureller Erneuerungsbewegungen auf, über die Frühromantiker um 1800 und religiöse Orden des Mittelalters bis hin zu frühchristlichen Gemeinden im alten Rom oder noch älteren griechischen, jüdisch-nahöstlichen oder indischen Traditionen, wie ja der grundlegende Konflikt zwischen herrschender Ordnung und abweichender Vorstellung von einem guten und gerechten Leben letztlich ein zeitloser ist.Die ganze Ambivalenz und Widersprüchlichkeit dieser alternativen Strömungen und politischen, gesellschaftlichen wie spirituellen Suchbewegung zeigt sich nun nirgends so prägnant verdichtet und literarisch gestaltet wie im Leben und im Werk des Schriftstellers Hermann Hesse, der ja, wie angedeutet, als Figur im Film selbst auftaucht. Schon sein Titelheld 'Peter Camenzind' im gleichnamigen Debütroman von 1904, dessen großer Erfolg Hesse die schriftstellerische Karriere eröffnete, ist von einer überschwänglichen Liebe zur Natur geprägt, die aber mit dem modernen Leben in der Großstadt in Konflikt gerät. Im Nachfolgebuch 'Unterm Rad' von 1906 klagt er - auf autobiografischer Grundlage - die repressiven pädagogischen Ideale an, wie sie den zeitgenössischen Schulalltag bestimmten. Im darauffolgenden Werk 'Gertrud' von 1910 erhält die männliche Hauptfigur in einer schwerwiegenden Lebenskrise u.a. den Rat, aufs Land zu ziehen, hart zu arbeiten und kein Fleisch mehr zu essen (falls es sich nur um ein körperliches Problem handele). Eine große Naturliebe bzw. emphatische Naturbeschreibungen finden sich auch in späteren Romanen immer wieder wie z.B. in 'Klingsors letzter Sommer' (1920), 'Siddhartha' (1922) oder in 'Narziss und Goldmund' (1930), in Kurzgeschichten und Märchen oder auch in einem Teil seines umfangreichen lyrischen Werks, wie auch der Mensch Hermann Hesse mit samt seiner Familie 1904 von Basel raus aufs Land in ein kleines Dorf am Bodensee zog.Auch seine bekannte Hinwendung zu fernöstlicher Spiritualität, die vor allem in seinen großen Romanen und Erzählungen in der zweiten Hälfte seines Lebens bzw. seines literarischen Schaffens in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zentralen Niederschlag gefunden hat, ist von seinen Erfahrungen mit der Lebensreformbewegung mitbeeinflusst, mehr noch aber wohl von seinem biografischen Hintergrund als Kind und Enkel christlicher Missionare in Indien und den damit verbundenen schweren seelischen Konflikten. Als sensibler Künstler, emphatischer Wahrheitssucher und genauer literarischer Beobachter sah Hesse allerdings auch schon früh Defizite und Skurrilitäten, Ausblendungen und Abgründe in den Aussteigergemeinschaften und -philosophien, mit denen er doch zunächst so stark sympathisiert hatte, wie er z.B. mit der Kurzgeschichte 'Dr. Knölges Ende' bereits 1910 ein satirisches Porträt eines typischen „Körnerfressers" zeichnete, um damit bestimmte zugespitzte Spielarten des Vegetarismus zu parodieren. In den nächsten zwanzig Jahren sind seine literarischen Protagonisten dann oft grübelnde, in sich zerrissene und nicht zuletzt am Widerspruch zwischen Natursehnsucht und kulturellen Zwängen verzweifelnde Charaktere, wobei dieser Dualismus vor allem im hochambivalenten Selbstbild und inneren Ringen von Harry Haller als „Steppenwolf" im gleichnamigen Roman von 1927 seinen idealtypischen Ausdruck fand. 'Das Glasperlenspiel' dagegen, sein Opus Magnum von 1943 mit der Hauptfigur Josef Knecht, für das er 1946 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde und das u.a. auf den Spuren mathematischer Grundlagen der Musik oder des altchinesischen IGing-Orakels wandelt, hat dann endgültig einen ganz anderen und sehr viel nüchterneren Ton gefunden. Idealistische und sinnliche Naturschwärmerei ist hier völlig einer abstrakten und hochvergeistigen Reflexionsebene gewichen bzw. ist dort nur noch im ersten Anhang, genannt 'Der Regenmacher', präsent und „outgesourced", als einem von drei fiktiven Lebensläufen Josef Knechts - oder dessen früherer Reinkarnationen - als so naturverbundener wie auch die Natur fürchtender Heiler und Schamane eines Stammes in unbestimmter grauer Vorzeit (wobei dieser Figur übrigens das systematische Wissen der Anthropologie und Ethnologie aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu Grunde liegt, wie Hesses umfangreiche Tätigkeit als Buchrezensent bezeugt, mit tausenden von Buchbesprechungen sowohl belletristischer als auch wissenschaftlicher Werke aus mehreren Jahrzehnten).Eine einfache, so unkritische wie undifferenzierte und geradezu naive Naturverehrung, wie sie für die Lebensreformer, den jüngeren Hesse aber auch für Teile der modernen Ökologiebewegung so charakteristisch war bzw. ist, kollidierte letztlich wahrscheinlich mit Hesses Selbstverständnis und seiner Berufung als Schriftsteller und Künstler, denn Kunst ist wesensmäßig kultureller Selbstausdruck und den Widrigkeiten und Widerständen natürlicher Voraussetzungen abgerungen und nicht einfach „da". Und so sind auch die unterschiedlichsten entwickelten spirituellen Traditionen, für die er sich immer stärker interessierte und denen er schließlich einen so prägnanten wie emphatischen literarischen Ausdruck gab, nicht mehr - abgesehen vom Schamanismus des „Regenmachers" - einfache Erfahrungs- oder Naturreligionen sondern beinhalten in der Regel vielfältige kulturelle und vergeistigte Elemente, ganze Kosmen von Schriften, Symbolen, Ritualen und komplizierten Überlegungen wie Überlieferungen.Im 'Steppenwolf' löste Hesse schließlich den schroffen und starren Gegensatz zwischen Natur und Kultur in einer anderen und neuen Weise auf und geht zu seiner früheren Naturromantik grundlegend auf Distanz, rund zwanzig Jahre nach seinem Besuch auf dem Monte Verità. Dies geschieht allerdings nicht primär mit oder in der seelischen Entwicklung seiner Hauptfigur sondern mit der Gesamtaussage des Romans selbst, der verschiedene kunstvolle Meta-Ebenen enthält und wodurch Harry Haller mehrfach der geistige Spiegel vorgehalten wird, worin letztlich die verdichtete, fortgesetzte und fortgeschrittene Selbstreflexion des Autors zum Ausdruck kommt, für den die literarische Arbeit immer schon auch das permanente Ringen um Selbsterkenntnis bedeutete, wie schon viele Literaturkritiker - teils anerkennend, teils neutral analytisch, teils abfällig - festgestellt haben. Nicht nur gegen Ende im berühmten Magischen Theater des Spiegelkabinetts sondern schon in der ersten Hälfte, in dem eingeschobenen 'Traktat vom Steppenwolf', der ein so spöttisches wie vielschichtiges Bild der inneren wie äußeren Situation seines Helden zeichnet, ihn gleichzeitig aber auch über Irrtümer, Illusionen und tiefere Zusammenhänge aufklärt:„Immerhin hat unser Steppenwolf wenigstens die faustische Zweiheit in sich entdeckt, er hat herausgefunden, dass der Einheit seines Lebens nicht eine Seeleneinheit innewohnt, sondern dass er bestenfalls nur auf dem Wege, in langer Pilgerschaft zum Ideal dieser Harmonie begriffen ist. Er möchte entweder den Wolf in sich überwinden und ganz Mensch werden oder aber auf den Menschen verzichten und wenigstens als Wolf ein einheitliches, unzerrissenes Leben leben. Vermutlich hat er nie einen wirklichen Wolf genau beobachtet – er hätte dann vielleicht gesehen, dass auch die Tiere keine einheitliche Seele haben, dass auch bei ihnen hinter der schönen straffen Form des Leibes eine Vielfalt von Strebungen und Zuständen wohnt, dass auch der Wolf Abgründe in sich hat, dass auch der Wolf leidet. Nein, mit dem „Zurück zur Natur!" geht der Mensch stets einen leidvollen und hoffnungslosen Irrweg. Harry kann niemals wieder ganz zum Wolfe werden, und würde er es, so sähe er, dass auch der Wolf wieder nichts Einfaches und Anfängliches ist, sondern schon etwas sehr Vielfaches und Kompliziertes. Auch der Wolf hat zwei und mehr als zwei Seelen in seiner Wolfsbrust, und wer ein Wolf zu sein begehrt, begeht dieselbe Vergesslichkeit wie der Mann mit jenem Liede: „O selig, ein Kind noch zu sein!" Der sympathische, aber sentimentale Mann, der das Lied vom seligen Kinde singt, möchte ebenfalls zur Natur, zur Unschuld, zu den Anfängen zurück und hat ganz vergessen, dass die Kinder keineswegs selig sind, dass sie vieler Konflikte, dass sie vieler Zwiespältigkeiten, dass sie aller Leiden fähig sind. Zurück führt überhaupt kein Weg, nicht zum Wolf, noch zum Kind. Am Anfang der Dinge ist nicht Unschuld und Einfalt; alles Erschaffene, auch das scheinbar Einfachste, ist schon schuldig, ist schon vielspältig, ist in den schmutzigen Strom des Werdens geworfen und kann nie mehr, nie mehr stromaufwärts schwimmen. Der Weg in die Unschuld, ins Unerschaffene, zu Gott führt nicht zurück, sondern vorwärts, nicht zum Wolf oder Kind, sondern immer weiter in die Schuld, immer tiefer in die Menschwerdung hinein..." (Hermann Hesse, Der Steppenwolf, 1927)PS: Der Film 'Monte Verità - Der Rausch der Freiheit' ist noch in dem ein oder anderen Programmkino gelegentlich zu sehen. Er wird außerdem ab dem 6. Mai 2022 auf Amazon Prime als Stream angeboten.
Originaltitel: Monte Verità – Der Rausch der FreiheitRegie: Stefan JägerLänge: 116 (min)Darsteller: Maresi Riegner, Joel Basman, Julia Jentsch, Hannah Herzsprung, Max Hubacher...Produktionsort: Schweiz/Deutschland/ÖsterreichProduktionsjahr: 2021Startdatum: 16.12.21
Am 5. Juli 1968 gaben die Doors ein legendäres Konzert auf der Bühne des Hollywood Bowl, das damals auch von einer Filmkamera festgehalten wurde. Zu diesem Zeitpunkt nach der Veröffentlichung ihres dritten Studioalbums 'Waiting For The Sun' war die Band in absoluter Höchstform, nach dem sie zwei Jahre lang an ihrer Liveperformance gearbeitet hatte. Und dieser Konzertmitschnitt galt schon immer als eine der besten Filmaufzeichnungen all ihrer Auftritte, zu hören waren und sind dabei u.a. so ikonografische Stücke wie 'Hello, I love You', 'Light My Fire' oder 'The End'. Dieser Mitschnitt wurde nun von Bruce Botnick, dem Toningenieur und Mixer der Originalaufnahme, mit verschiedenen neueren Spezialverfahren technisch so aufbereitet, daß sowohl die Bild- als auch die Tonqualität nach all der langen Zeit eine erstaunliche Klarheit und Brillanz aufweisen. Zum 50jährigen Jubiläum der Veröffentlichung ihres sechsten und letzten Studioalbums 'L.A. Woman' kommt diese Special Edition des Konzertfilms nun weltweit in die Kinos, aber nur an einem einzigen Tag, dem 4. November 2021:"The Doors: Live At The Bowl '68 Special Edition" will transform movie theaters into concert venues, giving Doors fans around the world the closest experience to being there live alongside Jim Morrison, John Densmore, Ray Manzarek and Robby Krieger, who stated, "the magic that has been done to enhance the picture and sound quality of this show will make everyone feel as though they have a front row seat at the Hollywood Bowl."" (thedoorsfilm.com)Ergänzt wird das ganze mit einer brandneuen und exklusiv für diesen Film aufgenommenen musikalischen Performance von John Densmore und Robby Krieger, dem Schlagzeuger und dem Gitarristen und einzig noch lebenden Mitgliedern der Doors, plus einem Gespräch mit den beiden Musikern und dem Doors-Manager Jeff Jampol.Willkommen im Magischen Theater: Eintritt nur für Verrückte! Schon Oliver Stones Musik-Drama 'The Doors' von 1991 über die Kultrockband der 60er öffnete die Pforten der Wahrnehmung und entführte in ein ganz eigenes Spiegelkabinett seelischer Abgründe und geheimer Obsessionen. Mit einem überragenden Val Kilmer als Jim Morrison, der dort als Dionysos der Pop-Kultur inszeniert wurde, als altgriechischer Gott des Weines, des Festes, der rauschhaften Ekstase. „Morrison is still alive!" wurde der alte Spruch seiner Fans hier auf der KitKat-Kulturseite erst Anfang Juli zu einem Arte-Special zu Jim Morrisons 50. Todestag zitiert, was im übertragenen Sinne ja auf jeden Fall wahr ist - und nun mit dem globalen Kinoereignis noch einmal eine ganz neue Bedeutung erhält. Die nächste Stufe ist dann wahrscheinlich ein computergenerierter 3D-Avatar auf den Konzertbühnen dieser Welt, der übernächste neue Doors-Stücke, die von einer Künstlichen Intelligenz erzeugt werden!? Aber hätten diese künstlichen Simulationen, mögen sie technologisch noch so ausgefeilt sein, dann auch noch den Geist, die Seele oder den Spirit von Jim Morrison??Doch bevor die Künstliche Intelligenz zuschlägt, ist längst schon die urmenschliche Kreativität am Werk, in dem sie die unterschiedlichsten Doors-Songs künstlerisch bearbeitet, ergänzt oder verfremdet, elektronisch tranponiert und für die heutigen Hörgewohnheiten aktualisiert. Und so findet sich hier schon seit langem auf der Unterseite zu diesen Kino-News in der rechten Spalte eine kleine - und im Juli erweiterte - Sammlung von YouTube-Clips mit bekannten Doors-Liedern, vorzugsweise als Techno-/Trance-Remixes! Um etwas zu verstehen, müsse man etwas hinzufügen, heißt es schon bei Goethe und in diesem Sinne haben die modernen Bearbeiter den tieferen Geist der Doors wirklich „verstanden" bzw. für die Gegenwart und Zukunft wiederbelebt. Schon 2005 erschien das Projekt 'Unlock the Doors' von Elektronik-DJ Paul Edge, ein Cover-Album von Doors-Stücken eben im Trance- und Techno-Style, das von den verbliebenen Bandmitgliedern autorisiert wurde. Ray Manzarek, der Organist der Band, übrigens 2013 in einer Rosenheimer Klinik an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben, sagte dazu anerkennend: "I think that's the way we (the Doors) should do all our re-mixes. Other people can futz around with our stuff, but we should remain true to the original conception and then bring it up to today's style. This guy did a great job. Go with it." Und der Rest der Band kombinierte 1978 schon selbst Gedichtrezitationen ihres verstorbenen Sängers mit neu komponierter Musik, auf dem Album 'An American Prayer', als frühe Form eines „Remix" von eigenem Material...Puristen meist älteren Jahrgangs, die an den Originalversionen hängen und jegliche Bearbeitung kategorisch ablehnen, vergessen in ihrer Kritik, daß ihre musikalischen Helden der 60er-Jahre fast alle ihre Karrieren damit angefangen hatten, die Songs ihrer eigenen älteren Vorbilder erst - mehr oder weniger „originalgetreu" - nachzuspielen, also zu covern, um sich davon beeinflussen und schließlich zu eigenen und dann tatsächlich ganz neuen Schöpfungen inspirieren zu lassen. Die „Originale" waren also selbst nicht voraussetzungslos und kamen aus dem Nichts, sie hatten vielfältige Wurzeln im Rockn'Roll, im Blues, Jazz und Folk ja sogar in der Gospel-Musik und weiteren musikalischen Traditionen. Außerdem waren die jungen Stars der Sixties auch äußerst kreativ und offen, was die Verwendung neuer Instrumente oder neuer, technisch erzeugter Sounds anging, siehe beispielsweise die Erweiterung der E-Gitarre mit speziellen Effektgeräten oder die Einbeziehung des elektronischen Klaviers bzw. des Keyboards und dann des Synthesizers, von dem eine direkte Linie zu den späteren computergenerierten Klängen der elektronischen Musik bis in die Gegenwart führt!"If the doors of perception were cleansed, everything would appear to man as it truly is, infinite..." Die Doors nannten sich bekanntlich nach dem Buchtitel von Aldous Huxley (1894-1963) 'The Doors of Perception', der sich wiederum auf ein Gedicht von William Blake (1757-1827) bezog: „... For man has closed himself up, till he sees all things thro' narrow chinks of his cavern". („... Denn der Mensch hat sich verschlossen, bis er alle Dinge durch enge Ritzen seiner Höhle sieht."/William Blake, 'The Marriage of Heaven and Hell') Und so wie schon die erwähnten Remixe als kleiner Teil des unaufhörlichen kulturellen Wandels und „Reframings" gedeutet werden können, also als variierende Umdeutung oder Überschreibung alter künstlerischer Inhalte, Rhythmen und Melodien, um das überzeitliche, unveränderliche und allgemeine, das gleiche im verschiedenen, zu bewahren und weiterzutragen und dabei doch die formalen, also hier: die musikalischen Ausdrucksformen dem Geschmack der Zeit, dem aktuellen Lebensgefühl und veränderten Lebensumständen oder neuen Herausforderungen anzupassen (wie das bereits in der KitKat-Buchbesprechung zum Ausstellungskatalog 'Summer of Love' skizziert wurde), so leben auch in der Bandgründung selbst, in ihrer Namensgebung und grundsätzlichen geistigen Identität ältere und letztlich zeitlose Gedanken, Haltungen und Visionen immer weiter fort...The Doors: Live At The Bowl '68 Special Edition läuft am 4. November 2021 in Kinos auf der ganzen Welt, für Deutschland listet filmstarts.de 21 Städte auf, in denen der Konzertfilm zu sehen ist, u.a. Berlin, Düsseldorf (Mettmann), Köln, Frankfurt/M., Essen, Hamburg, Kiel, München, Dortmund, Chemnitz, Magdeburg und Stuttgart. Die Berliner Kinos sind das CinemaxX am Potdamer Platz, das CineStar Berlin - Cubix am Alexanderplatz und die UCI Kinowelt Luxe Mercedes Platz in Friedrichshain. Die drei Vorstellungen beginnen alle um 20 Uhr.
FABIAN oder DER GANG VOR DIE HUNDE (ab 05.08.)Berlin, Anfang der 30er Jahre: Der junge Germanist und angehende Schriftsteller Dr. Jakob Fabian arbeitet als Werbetexter, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Mit seinem besten Freund zieht er nachts durch Bars, Bordelle und Künstlerateliers, wobei er sich in einem Nachtclub in eine Bardame verliebt, die sich nicht zwischen Schauspielkarriere und Jurastudium entscheiden kann. Als er durch die Zuspitzung der Weltwirtschaftskrise seinen Job verliert, verschärfen sich auch seine persönlichen Lebensumstände...Erich Kästner war nicht nur der Autor von so bekannten und bis heute populären Kinderbüchern wie 'Emil und die Detektive', 'Das doppelte Lottchen' oder 'Das fliegende Klassenzimmer'. Mit seinem 1931 erschienenen einzigen Roman für Erwachsene und mit autobiografischen Bezügen 'Fabian. Die Geschichte eines Moralisten' zeichnete er auch ein vielschichtiges Porträt von der Endphase der Weimarer Republik in der Berliner Metropole und verstrickte seinen Titelhelden dabei in komisch-tragische und auch erotische Abenteuer vor dem Hintergrund der sich immer weiter zuspitzenden politischen und ökonomischen Verhältnisse. Eine ungekürzte Fassung, die auch einige einst gestrichene erotische Passagen enthält, erschien erst 2013 unter dem Titel 'Fabian oder Der Gang vor die Hunde'.Der Roman wurde bereits 1980 von Wolf Gremm das erstemal verfilmt, mit Hans-Peter Hallwachs in der Titelrolle, doch jetzt hat sich Dominik Graf des Stoffes angenommen, der zehnfache Grimme-Preisträger und Spezialist für auch formal anspruchsvolle Krimi-Unterhaltung, der eine ganze Reihe außergewöhnlicher Tatorte und Polizeirufe abgeliefert hat aber z.B. auch einen bemerkenswerten Historienfilm wie 'Die geliebten Schwestern' über die Liebe von Friedrich Schiller zu den Schwestern Charlotte und Caroline von Lengefeld. Seine Neuverfilmung, die die Kritiker von einem Meisterwerk jubeln lässt und mit einem eindrucksvollen Tom Schilling als Fabian, zeichnet sich vor allem durch eine bestechende Ästhetik aus, in der klassische und moderne Elemente bzw. Stilmittel zu einer bezwingenden Einheit fusionieren und den Film auch über rund drei Stunden tragen. Die inspirierende Machart des Films unterstreicht dabei die Zeitlosigkeit bzw. die soziale und politische Gegenwartsnähe der erzählten Geschichte bzw. ihrer handlungsleitenden Figuren:„Dominik Graf hat es geschafft, einen Klassiker der deutschen Literatur zu entstauben und zu aktualisieren, ohne dabei große Zugeständnisse an den Massengeschmack zu machen. Sein Film ist roh und voller Energie. Er stellt die Kostüme nicht aus, arbeitet im 4:3 Format, mit Brecht'schen Verfremdungseffekten, mit Off-Erzähler und vielen Anachronismen." (...) „Das Zeitgemäße konnte nicht zeitloser gesagt werden", hieß es auf der Binde der Erstausgabe von Fabian. Dominik Graf beweist mit seinem reifsten und besten Spielfilm, wie wichtig diese Geschichte ist." (Deutschlandfunk Kultur)„Die Faszination der Zwanziger – Zerstreuung und kassandrahafte Prophetie, Hedonismus und Defätismus, politische Regression und künstlerische Avantgarde – sieht bei Graf nicht wie eine Postkarte aus der Vergangenheit aus. In seiner Verweigerungshaltung gegenüber jeder Form von Nostalgie (sprich: dem Produktionsdesign des deutschen Geschichtsfilms) steckt immer schon eine Analyse der Bilder – impulsiv, fiebrig, unverdaut. Wie dem Unbewussten entrissen." (Tagesspiegel)„Die eigentliche Magie dieses Films ist aber nicht sein musikalischer Rhythmus oder die Montage historischer und moderner Elemente. Es ist Grafs leichthändige Inszenierungskunst. Es ist die Lust am Spiel, die uns wieder einmal daran erinnert, dass es eben doch eine Kontinuität in der deutschen Filmgeschichte gibt – ihre erstklassigen Schauspielerinnen und Akteure." (Frankfurter Rundschau)MATTHIAS UND MAXIME (ab 29.07.)Die Geschichte einer Freundschaft im heutigen Kanada: Matthias und Maxime kennen sich seit Jugendzeiten. Der verheiratete Matthias zweifelt an seiner Juristenkarriere, während Maxime eine sehr große Veränderung in seinem Leben plant, denn er will nach Australien ziehen, u.a. als Flucht vor seiner alkoholkranken Mutter. Eine Kuss-Szene zwischen den beiden für den Kurzfilm einer Freundin bringt verdrängte Gefühle an die Oberfläche...Im neuen Film des einstigen Regiewunderkinds des Queer-Cinema Xavier Dolan ('I Killed My Mother', 'Herzensbrecher', 'Laurence Anyways') sind wieder typische Motive versammelt, wie z.B. die ambivalente Identitätssuche von jungen Großstädtern, komplizierte amouröse Verwicklungen jenseits heteronormativer sexueller Orientierung oder auch eine schwierige Mutterbeziehung. Dabei zeigt der achte Film in elf Jahren des erst 32-jährigen Regisseurs, der selbst die Figur des Maxime spielt, eine stärkere Reife und knüpft gleichzeitig wieder an Qualitäten aus seiner Anfangszeit an, nach dem die letzten Werke auf eher schwächere Resonanz bei Kritik und Publikum gestossen waren:„Dolan mag kein zweiter Fassbinder sein, aber nicht nur in Sachen Produktivität bestehen durchaus Parallelen zu den brutal-intimen, Dramaqueen-haften Gefühlsexzessen des german wunderkind." (Tagesspiegel)„So stehen die Figuren dauernd unter sozialem Druck, keine Chance auf Entspannung, alles wirkt gehetzt, gezwungen, die Freunde sitzen, trinken und scherzen zusammen, kennen sich ein halbes Leben und sind doch kaum fähig zu echter Empathie. (...) Die unterdrückten homosexuellen Wünsche von Matthias werden so auch zum Symbol für die Unterdrückung von freier Sexualität insgesamt. Was bleibt, ist die Flucht aus der allumfassenden bürgerlichen Enge, die eben keineswegs dadurch verschwindet, dass die Gesellschaft politisch liberaler wird." (Neues Deutschland)SOMMER 85 (ab 08.07.)Ein Badeort in der Normandie in den 80er Jahren: Der unsichere und schüchterne Alexis lernt den selbstbewußten und vor Lebensfreude überschäumenden David kennen, der zwei Jahre älter ist, und verliebt sich in ihn. Ihre kurze Beziehung hat Höhen und Tiefen, wobei ihre ganze Geschichte in einer Rückblende erzählt wird...Das neue Werk von Regisseur François Ozon ('Swimming Pool', 'Jung und schön', 'Der andere Liebhaber') ist eine inspiriende Kombination aus Coming-of-Age- und Coming Out-Film, aus schwulem Liebesdrama und Krimi, wobei trotz eines grundlegend tragischen Aspekts Momente der Leichtigkeit, der Heiterkeit und des Glücks die Atmosphäre des Films prägen, mit einer melancholischen Komponente. Besondere Akzente setzt hier auch die Filmmusik bzw. der Soundtrack, der mit Titeln aus der damaligen Zeit z.B. von The Cure, Lloyd Cole and the Commotions oder Bananarama den Zuschauer emotional in die Mitte der 80er Jahre zurückführt. Nach dem Roman 'Tanz auf meinem Grab' von Aidan Chambers, dessen Geschichte Ozon adaptiert, leicht abgewandelt und nach Frankreich versetzt hat, in einer Mischung aus Romanhandlung und eigenen prägenden Jugenderfahrungen:„„Schwules Begehren, rauschhafte Bilder (...) Sommer 85" ist ein literarischer Film, dem Ozon durch flirrende Tanz- und Musikszenen eine emotionale, an die Todessehnsucht der Romantik erinnernde Qualität mitgibt." (Tagesspiegel)„Ich erinnere mich, dass ich sehr beeindruckt war, wie offen der Roman von der Liebe zwischen zwei Jungs erzählte. Schwule Geschichten waren damals meistens voller Scham und Schuld, gleichzeitig wurde unser eigenes, gerade erst beginnendes Leben von AIDS überschattet. Das Buch war da wie ein Sonnenstrahl, es war witzig und berührend. Und mir gefiel, dass es nicht um Homosexualität als Thema ging, sondern dass es einfach eine Liebesgeschichte war, nur eben zwischen zwei Jungs." (François Ozon im Interview auf freitag.de)KURZ NOTIERT:PROMISING YOUNG WOMAN (ab 19.08.) Die 30jährige Cassie lässt sich scheinbar betrunken von fremden Männern abschleppen, um ihnen daraufhin eine Lektion zu erteilen. Ihr genaueres Motiv wird erst im späteren Verlauf des Films klar... Tragikomödie mit Thrillerelementen mit einer beeindruckenden Carrey Mulligan ('Der große Gatsby', 'Am grünen Rand der Welt') in der Titelrolle, in der das Phänomen der toxischen Männlichkeit ganz überwiegend nicht am konventionellen Macho-Typus festgemacht wird sondern mehr an „eigentlich" netten und gebildeten Männern, die sich selbst für aufgeklärter und emanzipiert halten. Spielfilmdebüt von Schauspielerin und Produzentin Emerald Fennell, die das Genre des Rape-and-Revenge-Films so intelligent wie unkonventionell variiert, mit sehr überraschendem Schluß-Twist, der zusätzlich viel Gesprächsstoff liefern wird. --------------- GENERATION BEZIEHUNGSUNFÄHIG (ab 29.07.) Lebemann und Frauenaufreißer Tim, der schnell von seinen vielen Eroberungen genug hat, trifft auf Ghost, mit der er sich ausnahmsweise einmal mehr als schnellen Sex vorstellen könnte. Doch nun ist sie es, die ihn romantisch abblitzen lässt bzw. „ghosted"... Regisseurin Helena Hufnagel ('Einmal bitte alles') verfilmte den gleichamigen Beziehungsratgeber und Riesenbestseller von Michael Nast aus dem Jahr 2016, der für viele jüngere Menschen zu einer Art moderner Bibel in Sachen Liebe, Beziehung und ihrer verschiedenen Fallstricke geworden ist. Das Problem des Films besteht daher auch zuallererst in der eher holzschnittartigen Psychologie und Soziologie dieser Buchvorlage, während die souveränen Hauptdarsteller Frederick Lau und Luise Heyer mit Spielfreude und Witz versuchen, die eher dünne Substanz des Buches und dessen klischeehaften Analysen vergessen zu machen. Merke: Die „Bibel der Moderne" wurde bereits 1956 von Sozialphilosoph und Psychoanalytiker Erich Fromm veröffentlicht und seither und bis in die Gegenwart vielmillionenfach auf der ganzen Welt gelesen ('Die Kunst des Liebens'), zumindest „das Alte Testament der Moderne", während ein modernes Neues Testament wohl auch eine Art neuen Christus voraussetzte... -------------- ORPHEA (ab 22.07.) So vielschichtiger wie inspirierender aber auch komplex-chaotischer Filmessay von Philosoph Alexander Kluge zusammen mit dem philippinischen Musiker und Künstler Khavn De La Cruz und mit Lilith Stangenberg in der Titelrolle, der den antiken Mythos über den Sänger Orpheus, der seine Geliebte Eurydike aus dem Totenreich zurückholen will, neu zusammensetzt bzw. interpretiert, dabei alle möglichen Gegenwartsbezüge herstellt und unterschiedlichste Denker, Filmemacher oder Künstler zitiert: „So geht es im Film dann etwa um Renaissancen, also um die Wiederauferstehung alter Zeiten. Um gescheiterte Utopien wie die Pariser Kommunen. Oder um die menschliche Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Um russische Biokosmisten oder die Vordenker des Silicon Valley, welche die Grenzen des menschlichen Körpers nicht akzeptieren wollten." (filmstarts.de) Mit Animationen, Splitscreens, schnellen Schnitten, Voiceover, trashigen Power-Point-Präsentationen, hektischen Handkamera-Sequenzen, gefilmten Theaterszenen, Stepeinlagen, Interviewpassagen und vielem weiteren mehr: „Ein Sonntagsspaziergang aus der Unterwelt ans Licht." (filmstarts.de) --------------- BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN (ab 08.07.) Eine Lehrerin im Rumänien der Gegenwart dreht mit ihrem Mann einen Sexfilm, doch dummerweise gelangt der Homeporno an die Öffentlichkeit bzw. ins Internet. Als ihre verschiedenen Versuche, genau das zu verhindern, scheitern, muß sie sich schließlich vor Kollegen und Eltern rechtfertigen... Der Gewinnerfilm der diesjährigen Berlinale karikiert die sexuelle Doppelmoral im heutigen Rumänien vor dem Hintergrund des sozialen Wandels und verschiedener Konfliktlinien der rumänischen Gesellschaft während der Corona-Pandemie, womit er einer der wenigen Filme ist, die dieses globale Krisengroßereigniss überhaupt thematisieren bzw. als selbstverständlichen Hintergrund verwenden: „»Bad Luck Banging or Loony Porn« ist kein rundes Erlebnis. Amateur-Porno und Großstadtsinfonie, Filmessay und Haudruff-Satire, das alles steht in diesem im Februar mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichneten Film disparat nebeneinander. So macht er die gesellschaftlichen Umbrüche zwischen Pandemie und Rechtspopulismus, deren Bedingungen er abgerungen worden ist, zum Teil seiner Erzählung." (Spiegel-Online)
Irgendwann in grauer Vorzeit, ein schwarzer Monolith in der afrikanischen Savanne: Einer unserer äffischen Vorfahren macht eine unheilvolle Entdeckung. Jahrmillionen Jahre später, im Jahr 2001, finden die Menschen auf dem Mond ein außerirdisches Objekt, das Strahlen in Richtung des Jupiter aussendet. Ein Raumschiff mit fünf Wissenschaftlern und einem Supercomputer an Bord bricht zu einer langen Reise ins Unbekannte auf...Der Monolith. Die Menschwerdung. Der Tanz im All. Der Fund auf dem Mond. Eine Mission. Künstliche Intelligenz. Transgression. Die Geburt des neuen Menschen: Mit '2001 - Odyssee im Weltraum' errichtete Regisseur Stanley Kubrick im Jahr 1968 DEN inhaltlichen wie bildlich-ästhetischen Maßstab des Science Fiction-Films, an dem sich auch heute noch jeder engagierte Versuch messen lassen muß, mit den Mitteln des Genres eine außergewöhnliche Kinoerfahrung zu vermitteln. Durchaus nicht unumstritten, insbesondere und ausgerechnet bei konventionellen Science Fiction-Fans, die mit der entschleunigten und dialogarmen Dramaturgie oder den philosophischen Aspekten des Films wenig anfangen konnten und können. Nach der Kurzgeschichte 'The Sentinel' von Arthur C. Clarke, der auch am Drehbuch mitschrieb. Oscar für Stanley Kubrick für die besten Spezialeffekte und zahlreiche weitere Auszeichnungen und Nominierungen - und der kommerziell erfolgreichste Film im Jahr 1968: „Das American Film Institute wählte den Film auf Platz eins der besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten." (Wikipedia)„Kubricks fantastisches Abenteuer vereint technische Utopie und kulturphilosophische Spekulation zu einer Weltraumoper von überwältigendem Ausmaß. Der kühne gedankliche Entwurf des Films wird mit nicht minder kühnen optischen Effekten und einer revolutionären Tricktechnik realisiert, die das Genre Science Fiction in den folgenden Jahren entscheidend prägten." (Lexikon des Internationalen Films)Das Arsenal im Kinomuseum am Potsdamer Platz zeigt im Rahmen ihrer 70-mm-Reihe den Klassiker, der im Super Panavision 70-Format gedreht wurde, nach einem halben Jahr Pause im September erneut auf der großen Leinwand, bereits am 1. September und am Samstag d. 19. September, jeweils um 20 Uhr. Vorführungen zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausgeschlossen. Zu sehen ist die 143minütige englischsprachige Originalfassung, die Regisseur Christopher Nolan ('Inception', 'Interstellar', 'Tenet') 2018 zum 50jährigen Jubiläum 2018 beim Filmfestival in Cannes präsentierte: „This is a true photochemical film recreation. There are no digital tricks, remastered effects, or revisionist edits."Die Vorführung im Arsenal-Kino stellt eine große und seltene Gelegenheit dar, ein Meisterwerk der Filmgeschichte so auf der großen Leinwand zu erleben, wie es ursprünglich gedacht und für die es einst geschaffen worden war. Nicht nur die visuell-ästhetischen und tricktechnischen Aspekte gelangen hier erst zu ihrer vollen - emotionalen - Geltung sondern auch die sinnlich-dramaturgischen, die von einer ungewöhnlich ausgewählten bzw. eingesetzten Filmmusik kongenial unterstrichen und verstärkt werden, u.a. mit der überraschenden Verwendung klassischer Musikstücke z.B. von Richard Strauss ('Also sprach Zarathustra') oder Walzerkönig Johann Strauss ('An der schönen blauen Donau', in der Version des Berliner Philharmonie Orchesters, unter der Leitung von Herbert von Karajan). Die Mörderaffen-Anthropologie der Anfangssequenz, der eine Theorie des Anthropologen Robert Ardrey über die vermeintlich gewalttätige Natur des Menschen zu Grunde lag, hatte in der weiteren wissenschaftlichen Debatte allerdings keinen Bestand, die nun auch die altruistischen Dimensionen der menschlichen conditio humana gleichberechtigt neben seine aggressiven Tendenzen stellt. Die längere psychedelische Sequenz gegen Ende des Films, die schon im Symboljahr „1968" großes Aufsehen in entsprechenden Subkulturen erregte und im Laufe der Zeit Nachahmung in jüngeren Science Fiction-Filmen gefunden hat wie etwa in 'Stargate' (1994) oder in 'Interstellar' (2014) und die auch zeitgenössische Schöpfer virtueller 3D-Welten inspiriert, wirkt in ihrem intensiven Sog dagegen zeitlos wie vor über 50 Jahren (übrigens auch ein prägnantes Beispiel für einen klug weil dosiert eingesetzten Kontrasteffekt, von wegen „entschleunigte Dramaturgie"):„Ich habe versucht, ein visuelles Erlebnis zu schaffen, welches die sprachlichen Einordnungsschemata umgeht und mittels eines emotional-philosophischen Inhalts direkt zum Unterbewusstsein vordringt. Ich war bestrebt, den Film als intensiv subjektive Erfahrung zu kreieren, die den Zuschauer auf einer inneren Bewusstseinsebene erreicht, genauso wie Musik; eine Beethoven-Symphonie zu ‚erklären' würde sie entzaubern, durch die Errichtung einer künstlichen Schranke zwischen Konzeption und Wahrnehmung. Es steht jedem frei, über die philosophische und allegorische Bedeutung des Films zu spekulieren – und derartige Spekulation ist ein Anzeichen dafür, dass es gelungen ist, das Publikum auf einer tiefen Ebene zu berühren – aber ich möchte keine verbale Deutung für 2001 aufstellen, der zu folgen sich jeder Zuschauer verpflichtet fühlen wird, in der Befürchtung, andernfalls den Kern nicht erfasst zu haben." (Stanley Kubrick, Playboy Magazin, 1968)
Originaltitel: 2001: A Space OdysseyRegie: Stanley KubrickLänge: 143 (min)Darsteller: Keir Dullea, Gary Lockwood, William Sylvester...Produktionsort: Großbritannien/USAProduktionsjahr: 1968Startdatum: 11.09.68
New York, Mitte der 90er Jahre: Die junge Joanna will nach ihrem Collegeabschluß in London eigentlich Schriftstellerin werden und ein aufregendes Leben führen, doch bewirbt sich erst mal bei einer renommierten Literaturagentur, die bekannte Autoren betreut. Der berühmteste Klient der Agentur wird von allen Kollegen nur „Jerry" genannt, hinter dem sich niemand anderes als J. D. Salinger (1919-2010) verbirgt, der Schöpfer des Romans 'The Catcher in the Rye' ('Der Fänger im Roggen'), globaler Megabestseller und Kultbuch gleich mehrerer Generationen meist jugendlicher Leser! Joanna erhält die Aufgabe, die Fanpost, die an „Jerry" gerichtet ist, zu beantworten, um ihn systematisch von jeglicher Öffentlichkeit abzuschirmen. Daß sie bislang weder 'Der Fänger im Roggen' noch ein anderes Buch von Salinger gelesen hat, ist dabei nicht nur von Nachteil. Nach wahren Begebenheiten...Jerry? Wer ist denn „Jerry"? Kein Wunder, daß die neue Agenturmitarbeiterin Verständnisprobleme hat, denn auch die meisten seiner glühendsten Fans dürften Jerome D. Salinger kaum unter dieser Kurzform seines eigentlichen Vornamens kennen, die sonst mit Berühmtheiten wie Komiker Jerry Lewis, der lange die Filmrechte für 'Der Fänger im Roggen' haben wollte (und sie natürlich nicht bekam), Musiker Jerry Lee Lewis, Krimiheld Jerry Cotton oder der Cartoon-Figur aus Tom und Jerry verknüpft ist.'My Salinger Year' war der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale, die kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie noch regulär über die Bühne gehen konnte. Der kanadische Regisseur und Drehbuchautor Philippe Falardeau erzählt darin souverän und berührend, aber auch etwas altmodisch und sentimental, die Geschichte einer jungen Frau auf ihrem Weg in die Welt der Literatur, wobei das ganze stark autobiografische Züge besitzt und auf dem Buch 'Lieber Mr. Salinger' von Joanna Rakoff beruht. Reale Grundlagen besitzt vor allem auch die völlige Zurückgezogenheit von Salinger, der seit Mitte der 50er Jahre in einem kleinen Ort in New Hampshire lebte, kaum Interviews gab, sich von allen gesellschaftlichen Anlässen und Verpflichtungen fernhielt, um sich ganz dem Schreiben widmen zu können. Legendär ist dabei insbesondere der Umstand, daß er nach seinem äußeren Rückzug nur noch wenige Bücher veröffentlichte, es aber eine ganze Reihe von weiteren Werken geben soll, die zunächst nur für die Schublade geschrieben wurden, um eines Tages - vielleicht - doch noch das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken! Ein Biograph spricht in diesem Zusammenhang gar von fünfzehn(!) unveröffentlichten Büchern.Sehr wohl veröffentlicht wurde aber 1961 noch der Band 'Franny und Zooey', angeblich das Lieblingsbuch von Popstar Madonna (was auch so einiges erklärt, aber das wäre ein anderes Thema), das in zwei Erzählungen, der kürzeren 'Franny' und der deutlich längeren 'Zooey', das Leben von verschiedenen Mitgliedern der New Yorker Familie Glass behandelt. In diesen zwei Erzählungen kommt gerade auch Salingers lebenslange Beschäftigung mit spirituellen Fragestellungen und Phänomen zum Ausdruck, insbesondere mit fernöstlichen Traditionen wie z.B. Buddhismus, Hinduismus oder bestimmten Yoga-Schulen aber auch mit christlicher Mystik oder unterschiedlichen Formen ganzheitlicher Heiltraditionen und Ernährungslehren etc. Mit diesem Grundinteresse steht er in der US-Literatur seiner Zeit nicht alleine da und schon bevor die Hippiegeneration in den späten 60ern die Bücher von Hermann Hesse entdeckte, um mit 'Siddhartha' im Gepäck zu den Gurus nach Indien aufzubrechen oder mit dem 'Steppenwolf' in die Abgründe der eigenen Seele, hatten Schriftsteller wie etwa Henry Miller, Jack Kerouac, Alan Ginsberg oder eben auch Salinger in manchen ihrer Büchern die Hinwendung zu alternativer Spiritualität lange vorbereitet:„Zooey blickte kurz auf, sah seine Mutter an und schaltete mit der Nagelfeile auf die linke Hand über. „Falls es dich interessiert, die Absicht beider kleinen Bücher besteht darin, jedermann von der Notwendigkeit und den Wohltaten des Jesus-Gebets zu überzeugen. Zunächst unter der Aufsicht eines geeigneten Lehrers - einer Art christlichen Gurus - , und dann, wenn die betreffende Person bis zu einem gewissen Grad die Sache meistert, soll sie allein weitermachen. Und das wichtigste ist: es soll nicht nur für Frömmler und An-die-Brust-Klopfer sein. Du kannst ruhig den Opferstock ausräumen, aber du mußt weiter das Gebet sagen, während du ihn ausräumst. Erleuchtungen sollen mit dem Gebet kommen, nicht vorher."Zooey runzelte die Stirn, aber eher wie ein Dozent. „Es wird angenommen, daß das Gebet früher oder später vollkommen selbsttätig wird, sich von den Lippen und dem Kopf ins Innerste des Herzens bewegt und im Menschen zu einer Art automatischer Funktion wird, im gleichen Rhythmus wie der Herzschlag. Und wenn dann nach einer gewissen Zeit das Gebet wirklich automatisch ist, dann soll die betreffende Person in die sogenannte Wirklichkeit der Dinge eintreten. Das wird in keinem der beiden Bücher wörtlich ausgesprochen, aber nach der östlichen Terminologie hat der Körper sieben empfindsame Zentren, die chakras heißen, und das dem Herzen am nächsten liegende heißt Anahata, und es soll geradezu höllisch empfindlich und mächtig sein, und wenn es in Bewegung gerät, setzt es seinerseits ein anderes dieser Zentren in Bewegung, das seinen Sitz zwischen den Augenbrauen hat und Ajna heißt - es ist eigentlich die Zirbeldrüse, oder vielleicht eine Aura um die Zirbeldrüse herum - und dann, mein Schatz, öffnet sich, was Mystiker „das dritte Auge" nennen. Um Himmels willen - das ist gar nichts Neues - es hat nicht erst mit der kleinen Pilgergruppe angefangen. In Indien ist dieser Vorgang schon seit Gott weiß wie vielen Jahrhunderten als Japam bekannt. Japam, das ist einfach irgendeiner der Namen, die die Menschen Gott geben. Oder die Namen seiner Inkarnationen - oder Avatars, wenn man den Terminus technicus anwenden will. Es wird angenommen, daß du, wenn du den Namen lang genug und regelmäßig genug aussprichst und buchstäblich aus dem Herzen heraus, früher oder später Antwort bekommst. Nicht einfach nur eine Antwort, sondern eine Offenbarung."Zooey wandte sich um, öffnete das Medizinschränkchen und nahm einen hölzernen Nagelreiniger heraus. „Wer hat an meinem Nagelreiniger geknabbert?" sagte er. Er tupfte sich mit dem Handrücken kurz den Schweiß von der Oberlippe und fing an, mit dem Stäbchen die Nagelhaut zurückzuschieben.Mrs. Glass tat einen tiefen Zug an ihrer Zigarette, kreuzte ihre Beine, und während sie Zooey beobachtete, fragte sie streng: „Das ist es also, was Franny jetzt hat? Ich meine, das tut sie also jetzt und so?"„Ich nehme es an. Aber frag nicht mich, sondern sie!"(aus: 'Franny und Zooey', in der Übersetzung von Annemarie und Heinrich Böll)PS (08/20): 'My Salinger Year' könnte nach der langen coronabedingten Schließung der Kinotheater noch in dem ein oder anderen Programmkino laufen, eventuell erfolgt auch ein Neustart bzw. Wiedereinsatz in den kommenden Monaten. Eine Veröffentlichung auf DVD und Blu-ray ist noch nicht erfolgt.
Originaltitel: My Salinger YearRegie: Philippe FalardeauLänge: 101 (min)Darsteller: Margaret Qualley, Sigourney Weaver, Colm Feore...Produktionsort: Kanada/IrlandProduktionsjahr: 2020Startdatum: 20.02.20
DER ATEM (ab 30.1.)Regisseur Uli M Schueppel vermittelt mit seinem Film 'Der Atem' einen teils realistischen, teils poetischen Zugang zur Berliner Nacht. Rund zwei Dutzend ganz unterschiedliche Menschen erzählen in kurzen Abschnitten und vor dem Hintergrund des nächtlichen Berlins ihre Geschichten: Eine Frau berichtet vom Verlust ihres Babys, eine andere von der Suche nach einem Arzt für ihr Kind, ein Ost-Berliner Kommunist schildert seine Erlebnisse am Tag der Maueröffnung. Eine Mißhandlung, der Unfalltod von Verwandten, die spirituelle Erfahrung eines afrikanischen Fischers werden zum Thema genauso wie die Überwachung durch die Stasi, die Verfolgung eines tibetanischen Dalai-Lama-Anhängers oder eine Nahtoderfahrung...Der Film beschwört damit das düstere, tragische und abgründige aber auch das melancholische, mysteriöse und geheimnisvolle der Berliner Nacht, das Dunkle seelischer Schattenseiten, in denen sich aber auch Keime der Kraft, der Hoffnung oder des Atemholens verbergen. Normalerweise überblendet oder konterkariert die nächtliche Dauerbeleuchtung in der modernen städtischen Welt äußerlich oft die dunklen Aspekte der menschlichen Seele, weshalb Regisseur Schueppel viel Zeit, Mühe und Kreativität aufwenden musste, um neue und ungewohnte (Schwarz-Weiß-)Bilder auf sein Filmmaterial zu bannen, das wirkliche Dunkel und die wirkliche Nacht, jenseits bekannter und klischeehafter Darstellungen des nächtlichen Berlins: „Wir brauchten das Schwarz, denn das Schwarz ist in der Seele." (aus einem Arte-Interview) „Der nach „Der Platz" und „Der Tag" dritte Teil der „Berlin Gesänge"-Trilogie von Uli M Schueppel befasst sich mit den existenziellen Erlebnissen des Berliner Nachtlebens. Dabei werden in kurzen Abschnitten Menschen gezeigt, die aus beruflichen oder auch privaten Gründen die Nacht zum Tag machen. So erzählen sie alle ihre persönlichen Geschichten über den Stillstand, des Atem-Anhaltens oder von Schmerz, Angst oder Glück." (filmstarts.de)„In schwarz-weiß gefilmt und von verschiedenen Stimmen aus dem Off erzählt, entpuppt sich diese Mischung aus Dokumentation, Fiktion und Gedicht als eine nächtliche Ballade und zeigt eine andere Seite unserer Hauptstadt. Es geht um das Leben, um Veränderung, Einsamkeit und Solidarität." (Arte-Text)PS: Der Film läuft bereits in der Nacht - wann sonst? - vom 17. auf den 18. Februar, 23 Uhr 20, auf Arte und steht dann ca. eine Woche in der Arte-Mediathek zur Verfügung. Seinen vollen und ganz eigentümlichen Sog entfaltet er aber vor allem auf der großen Leinwand im Bauch eines Kinos in der Spätvorstellung einer (Berliner) Nacht gemeinsam mit anderen Nacht-Schwärmern, zu dem auch der kongeniale Soundtrack der amerikanischen Komponistin Christina Vantzou einen wichtigen Beitrag leistet.DIE WÜTENDEN - LES MISÉRABLES (ab 23.1.)Eine Spezialeinheit zur Kriminalitätsbekämpfung in einem Pariser Vorort gerät zwischen die Fronten in den Auseinandersetzungen lokaler Gangs und das auch noch ausgerechnet am Tag im Juli 2018, als Frankreich in Rußland die Fußballweltmeisterschaft gewinnt. Ihre Schlichtungsversuche laufen ins Leere und die Konflikte eskalieren immer mehr. Als dann auch noch ein Unglück geschieht, zieht das Geschehen immer weitere Kreise...Victor Hugos Romanklassiker aus dem Jahr 1862 'Les Misérables' (deutsch: 'Die Elenden') über einen Volksaufstand im Pariser Stadtteil Montfermeil wurde im Laufe der Zeit über zwei Dutzend mal verfilmt. Regisseur Ladj Ly, der vor allem als Dokumentarfilmer bekannt wurde, bezieht sich nur im atmosphärischen, symbolischen und grundsätzlichen auf die literarische Vorlage, ansonsten löst sich seine Romanadaption aber von der vorgegebenen Handlung, erzählt eine eigene Geschichte und siedelt sie in der Gegenwart an. Auch Lys Drama spielt in Montfermeil, da der Filmemacher hier aufgewachsen ist und so die Verhältnisse vor Ort, die unterschiedlichen Milieus und die Spannungen zwischen den sozialen und ethnischen Gruppen bzw. zwischen den Einwohnern und den Vertretern der Staatsmacht aus tiefster eigener Anschauung kennt. Ihm gelingt damit ein so spannender wie dynamischer aber gleichzeitig auch analytisch-differenzierter Einblick in die Situation abgehängter Bevölkerungsgruppen in den französischen Vorstädten, als anschauliches filmisches Gleichnis für den zunehmenden Kontrollverlust von Staat und Politik. Lys Film war übrigens auch für den Oscar für den besten ausländischen Film 2020 nominiert, er mußte sich aber dem großen diesjährigen Gewinner 'Parasite' geschlagen geben:„Regisseur Ly, der hier seinen eigenen, gleichnamigen Kurzfilm aus dem Jahr 2017 zu seinem Langfilmdebüt ausweitet, hat das Sujet mit Hilfe persönlicher Erfahrungen und eigenen Dokumentationen wie „365 Days In Clichy Montfermeil" spürbar durchdrungen. Und so fühlt sich sein erster Spielfilm auch manchmal an wie eine Dokumentation, einfach weil das alles so realistisch wirkt. Bei der Vielzahl der unterschiedlichen Figuren und Gruppierungen bekommt jeder seine Leinwandzeit und die Möglichkeit, seine Agenda zu präsentieren. Aber der Fokus und die Erzählperspektive liegt dennoch ganz klassisch auf den drei Polizisten, denen das Publikum dabei zusieht, wie sie in der Eskalationen von Gewalt und Gegengewalt langsam die Kontrolle verlieren und zermahlen werden. Die drei stehen sinnbildlich für den Staat, dem es genau so ergeht." (filmstarts.de)JUDY (ab 02.01.)„Somewhere over the Rainbow, way up high..." Das Biopic 'Judy' über das Leben der Hollywood-Ikone Judy Garland, einstiger Kinderstar, Musical-Sängerin, Kultfigur der Schwulenszene und Mutter von Liza Minelli, erzählt vor allem von den letzten Monaten der Schauspielerin, die im Alter von nur 47 Jahren verstarb. Im Zentrum steht ihr fünfwöchiges Gastspiel in London im Frühjahr 1969, mit dem sie ein erneutes come back anstrebte, während sie gleichzeitig mit Stimmverlust, zunehmenden Selbstzweifeln, Alkoholabhängigkeit und Tablettensucht zu kämpfen hat. Rückblenden und Flashbacks in ihre Vergangenheit vermitteln dagegen eindringlich sowohl die Auf und Abs ihrer Karriere als auch ihre ganze ambivalente Lebensgeschichte, die beinahe untrennbar mit ihrer Starrolle verbunden war, da sie schon im Alter von sieben Jahren zum ersten Mal vor einer Filmkamera stand. Dem Film von Regisseur Rupert Goold liegt dabei das Theaterstück 'End of Rainbow' von Peter Quilter zu Grunde, das sich ebenfalls auf das Karriereende von Judy Garland focussierte.Besonders sehenswert wird der Film vor allem durch die fulminante Performance von Hauptdarstellerin Renée Zellweger in der Titelrolle, die ihre Figur dabei weniger imitiert als interpretiert, wie es der Kritiker des Tagesspiegels formulierte. Für Zellweger, die auch souverän die Gesangspassagen übernahm und dabei Klassiker wie z.B. 'Get Happy', 'Trolley Song' oder 'The Man That Got Away" zum Besten gibt, wurde das ganze selbst zu einer Art come back bzw. zur eher seltenen Gelegenheit ihre schauspielerischen Fähigkeiten auch in einer ernsthafteren Rolle wieder unter Beweis zu stellen, jenseits seichter Liebesromanzen wie z.B. den Bridget Jones-Filmen, für die sie einem größeren Publikum bekannt ist. Mit 'Judy' konnte sie dagegen jetzt schon u.a. den Golden Globe und die Auszeichnung als Beste Hauptdarstellerin bei den British Academy Film Awards 2020 gewinnen, sie gilt gleichzeitig auch als die heißestes Anwärterin auf den Oscar:„Als mehr oder weniger klassisches Biopic liefert „Judy" wenig Neues. Aber der Film lohnt schon deshalb, weil er Judy Garland die Würde eines eigenen, ganz speziellen Schicksals zurückgibt. Dass ihm das gelingt, liegt zuvorderst an Renée Zellwegers Auftritt, der eine wahrhaft transformierende Qualität hat: Zellweger bringt die Herzen der Zuschauer zum Schmelzen. (...) Zellweger spielt Garland nicht nur als hilflose Suchtkranke, sondern bringt auch die Reste der Stärken zum Vorschein, die zu einer Karriere wie der ihren dazugehören: ein trotziger Glauben an Romantik bei gleichzeitiger großer Härte gegen sich selbst. Am Ende trauert man um diese einzigartige Frau, als wäre sie gerade erst gestorben." (taz.de)„...and the dreams that you dream of, once in a lullaby."
„Der Regisseur Henning Gronkowski begleitet in seinem Film „Yung" vier Teenager, die in einer Welt aus Drogen, Sex und Partys auf der Suche nach sich selbst sind. Über ihr Leben sagt er: „Die Eltern haben keinen Plan, was abgeht."" (Deutschlandfunk Kultur)„Sofort mitten rein. Kein Herumlavieren. Kein vorsichtiges Herantasten. (...) Von Anfang merkt man dem Spielfilmdebüt von Henning Gronkowski an, dass es hier jemandem darum geht, Grenzen zu überschreiten - oder genauer: von Menschen zu erzählen, die das ganz selbstverständlich tun." (Süddeutsche.de)„Sind die Kids von heute wirklich so übermäßig fertig? Nach vier Minuten wird in Yung das erste Mal gefickt. Die Siebzehnjährige Janaina verkauft eine ihrer Körperöffnungen an einen älteren Mann. Er fragt sie, wie es in der Schule war – und dann zucken seine trockenen Füße am Hotelbettrand. (...) Wäre man noch zu schocken, müsste man sich Yung in etwa so shocking vorstellen wie Kids, den Sex- und Drogenfilm der 1990er. Nur in Berlin, nur ohne HIV und mit anderen Substanzen." (freitag.de)„Gronkowski filmt die Mädchen beim Webcamsex und beim Masturbieren, beim Abfilmen ihrer Körper bewegt er sich auf einem äußerst schmalen Grat. Das Paradigma der Unverfälschtheit lässt keinen Raum für ethische Erwägungen." (Tagesspiegel.de)„"Theoretisch kannst du in Berlin immer feiern. Erst gibt's eine Prehour, dann gehst du zur Party, dann zur Afterhour und hopst dann wieder zur nächsten. Und so weiter und so weiter", sagt Emi einmal. Gronkowski findet für diese Stimmung die richtige Form, indem er seinen Film nie an einem gewöhnlichen Plot oder dramaturgischen Linien entlang baut." (Süddeutsche.de)„ Henning Gronkowski spielt dabei mit noch mehr Referenzen: Dass alles stark improvisiert wirkt, als sei die Kamera einfach hinter den Darstellerinnen hergelaufen und habe festgehalten, was eben passiert, wenn es nur ganz wenige Anweisungen gibt – das hat sich Gronkowski beim Obercowboy des deutschen Films abgeguckt, bei Klaus Lemke, in dessen Low-Budget-Filmen er früher selbst mitgespielt hat (Schmutziger Süden, Unterwäschelügen). Ja, Yung entwickelt einen sehr ähnlichen, speziellen, schmuddeligen Lemke-Sog." (Zeit-Online)„Lemke hasst Drehbücher und liebt Laien, am liebsten blutjung. Gronkowski hat er 2006 für seinen WM-Film „Finale" entdeckt, nun trägt er mit „Yung" das Banner weiter." (Tagesspiegel.de)„Der Film wurde von den Laiendarstellerinnen maßgeblich gestaltet, das Drehbuch von Gronkowski lieferte nur zehn Seiten für das Intro: „Danach habe ich den Mädels völlig freie Hand gegeben. Ich möchte, dass es für sie relevant wird und dass es nicht meine Fantasien sind oder irgendetwas, das ich mir ausgedacht habe. Dieses Projekt entspricht hundert Prozent der Realität."" (Deutschlandfunk Kultur)„Gronkowski kokettiert immer wieder mit der Möglichkeit, dass die Dinge im Film gar nicht gespielt sein könnten, sondern vielleicht sogar echt sind. In der Promotion-Phase des Films hat er immer wieder angedeutet, dass die Darstellerinnen gar nicht geschauspielert hätten, sondern lediglich sich selbst gespielt. Oder zumindest lässt er sehr offen, wo genau hier die Grenze verläuft." (monopol)„Janaina, Emi, Abbie und Joy sind allesamt Laiendarstellerinnen, die sich mehr oder weniger selbst spielen. Damit spielt Gronkowski zusätzlich, indem er immer wieder Interviewszenen einstreut, in denen die Frauen - durchaus reflektiert - über ihre Erfahrungen sprechen. (...) Diese Einschübe haben einen herrlich widersprüchlichen Effekt: Sie verstärken einerseits den Eindruck der Authentizität, andererseits aber auch die Gemachtheit des Films, also seine Inszenierung als Hybridform, in der die Grenzen bewusst zerfließen." (Süddeutsche.de)„Yung ist als Riesenskandal kalkuliert, da gibt es gar keinen Zweifel. Der Film ist auf maximale Krassheit hingeschnitten, jede moralisierende Kritik wäre aus PR-Sicht ein Beweis, dass man es mit dem neuen Berliner Kultfilm zu tun hat, hart, brutal, echt, irgendwo zwischen Wir Kinder vom Bahnhof Zoo und Berlin Calling." (Zeit-Online)„Dass in der Rezeption des Films beständig davon geredet wird, dass die jungen Frauen ihre Sexualität selbstbestimmt ausleben würden, ist hoch befremdlich. Denn der gezeigte Sex ist entweder kommerzialisiert, gewaltvoll oder auf Drogen. Es ist ein Blick auf Berlin und auf Frauen, der ermüdend ist, weil er in alten Klischees watet. Die Geschichte der Jugend und auch die Partygeschichte Berlins ist komplizierter. Und so kratzt dieser Film, trotz aller Sehnsucht nach Echtheit, nur ganz zart an der Oberfläche." (monopol)
Originaltitel: YungRegie: Henning GronkowskiLänge: 95 (min)Darsteller: Janaina Liesenfeld, Emily Lau, Joy Grant, Abbie Dutton...Produktionsort: DeutschlandProduktionsjahr: 2019Startdatum: 28.11.19
„Das Problem des Menschen ist nicht, sich hohe Ziele zu setzen und zu scheitern, sondern sich zu niedrige Ziele zu setzen und Erfolg zu haben." (Michelangelo)Der österreichische Regisseur Erwin Wagenhofer wendet sich in seinem neuesten Film dem Wahren, Guten und vor allem auch dem Schönen zu, während er sich in seinen früheren teils preisgekrönten Dokumentationen vor allem kritisch mit den Widrigkeiten des Lebens oder genauer: den Schattenseiten und Abgründen der modernen Zivilisation auseinandergesetzt hat. So prangerte er in 'We Feed The World' von 2005 die verheerenden Auswirkungen der industriellen Massenproduktion von Nahrungsmitteln und auch die negativen Folgen der Globalisierung in diesem Bereich an. In 'Let's Make Money' dagegen von 2008 ging es um die krisenhaften Verwerfungen des modernen Finanzsystems, während 'Alphabet' aus dem Jahr 2013 einen kritisch-analytischen Blick auf unser Bildungssystem warf.'But Beautiful' dreht dagegen jetzt, wie eingangs angedeutet, fundamental die Blickrichtung und konzentriert sich ganz überwiegend auf positive Vorbilder und gelungene Beispiele für ein gutes Leben. Und dabei stehen, wie es der Titel schon nahelegt, Aspekte von Schönheit, Kunst und Ästhetik, nicht zuletzt aus dem Bereich der Musik, im Zentrum der Betrachtung. Porträtiert werden etwa der US-amerikanische Pianist, Komponist und Autor Kenny Werner, der als klassischer Pianist begann aber auch mit zahlreichen Jazz-Größen zusammengespielt hat. 1996 veröffentlichte er sein Buch „Effortless Mastery" über die Überwindung innerer Hemmungen und Zwänge und die Entdeckung und Entwicklung der eigenen Kreativität, was insbesondere viele junge Musiker inspirierte: „Es geht nicht darum, wohin sich die Musik entwickelt. Es geht darum, wohin sich die Musiker entwickeln." Der junge österreichische Jazz-Trompeter Mario Rom, Mastermind der Gruppe 'Mario Rom's Interzone', wird u.a. mit dem Satz zitiert: „Ich hab' gar nicht so ein ultimatives Ziel..., außer dass ich nicht die Freude an der Musik verliere." Das Credo der kolumbianischen Sängerin Lucia Polido, die in den USA lebt und deren Werk aus einem Crossover von lateinamerikanischen Hirten-, Klage-, Erntelieder mit Jazz- und Klassikelementen besteht, lautet dagegen: „Respekt vor dem anderen Menschen würde der Welt einen viel harmonischeren Lauf erlauben."Vorgestellt werden desweiteren der Förster Erwin Thoma, der mit seiner Firma spezielle Holzhäuser auf ökologischer Grundlage in aller Welt erstellt:„Es ist ein fataler Irrtum, dass wir glauben, das Leben funktioniere nur, wenn man kämpft." Das Schweizer Ehepaar Barbara und Erich Graf betreibt auf La Palma ein Zentrum für autarke Permakultur und ökologische Lebensentfaltung, um erodierte oder verseuchte Böden wieder in fruchtbares Ackerland zurückzuverwandeln: „Es kommt auch vor, dass wir Leute besuchen und Mist mitbringen. An Mist mangelt es immer." Der Inder Sanjit „Bunker" Roy gründete dagegen die Barefoot Colleges für benachteiligte Menschen, in denen mittlerweile mehrere Millionen Männer aber vor allem Frauen, Kinder und Großmütter eine schulische oder berufliche Ausbildung erhielten: „Die Frauen werden es sein, die der Welt Veränderung bringen."Mit dem aktuellen Dalai Lama kommt auch eine weltweit prominente Person in Wagenhofers Film zu Wort, der bei seinem Besuch der sogenannten „Mind & Life"-Konferenz gezeigt wird, eine langjährig bestehende Gesprächsreihe zwischen dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter und Naturwissenschaftlern. Mit dessem bekannten Sinn für Ironie schränkt er die Bedeutung traditioneller Religion - und damit auch seine eigene Bedeutung - grundlegend ein: „Menschen beten seit Tausenden Jahren zu Gott und Buddha. Gesellschaftlich gesehen, ist das Ergebnis nicht sehr erheblich." Weniger bekannt ist allerdings die 1940 geborene jüngste Schwester des Dalai Lama, Jetsun Pema, obwohl sie in Jean-Jacques Annauds Spielfilm „Sieben Jahre in Tibet" ihre eigene Mutter gespielt hat, und auch ihr Lebenswerk wird in der Dokumentation näher vorgestellt. Zusammen mit ihrer älteren Schwester leitete sie über 40 Jahre lang 12 Kinderdörfer, wobei sie später Ministerin für Bildung und Erziehung der tibetischen Exilregierung wurde: „Wenn du in mein Alter kommst, wirst du wissen, was zu tun ist. Ich jedenfalls habe mein Bestes versucht."der Freitag: „War es schwerer, Protagonisten für das Gute zu finden, als solche, die Kritik üben?"Erwin Wagenhofer: „Es war enorm viel schwerer. Es ist eben leichter auf der Welt, Dinge und Zustände zu kritisieren und filmisch herauszuarbeiten, was nicht funktioniert." (...)„Michelangelos Zitat spricht ja auch von kleinen Zielen. Wie halten Sie es damit? Erwin Thoma, der Mann des Holzes, einer Ihrer Protagonisten in „But Beautiful", hat genau diese kleinen Schritte im Visier." „Es ist eine Frage der Perspektive, wie man den Spruch interpretiert. Ich denke, Michelangelo und Thoma wären sich ziemlich einig. Erwin Thoma sagt im Film, wir sollten so entscheiden, dass es auch noch für die siebente Generation nach uns gut ist. Dieses Denken hat dazu geführt, dass er die gesündesten Holzhäuser der Welt baut. Oder die Grafs, die sind beide Akademiker und hatten gute Jobs in Berlin, bevor sie ausgewandert sind, um auf La Palma Ödland zu kaufen und es in sehr kleinteiliger Handarbeit in ein Paradies zu verwandeln. Das scheinen mir die hohen Ziele zu sein, wie sie Michelangelo meint." (Erwin Wagenhofer im Gespräch mit der Wochenzeitung „der Freitag")„Durch die Schönheit wird der sinnliche Mensch zur Form und zum Denken geleitet; durch die Schönheit wird der geistige Mensch zur Materie zurückgeführt und der Sinnenwelt wiedergegeben." (Friedrich Schiller, „Über die ästhetische Erziehung des Menschen", 1795)KURZ NOTIERT: Im November sind auch noch eine ganze Reihe weiterer sehenswerter Dokumentationen in den deutschen Kinos angelaufen: Der Dokumentarfilm CAIRO JAZZMAN (ab 7.11.) aus dem Jahr 2017 erzählt die Geschichte des Cairo Jazz Festivals und seines Gründers Amr Salah, einem ägyptischen Jazzkomponisten. Durch die politischen Umstände der Zeit und die gesellschaftlichen Umbrüche in Ägypten wird der Film so auch zu einem aktuellen Porträt der Hauptstadt Kairo. ------- In ASTOR PIAZZOLLA - THE YEARS OF THE SHARK (ab 7.11.) geht es um den revolutionären Erneuerer der argentinischen Tango-Tradition. Der Bandeonist und Komponist Astor Piazzolla (1921-1992) wurde inspiriert von klassischer Musik wie auch von moderner Jazz-Musik, was zunächst auf große Ablehnung stieß. In den frühen 50er Jahren studierte er sogar in Paris Klavierkomposition, wobei er dabei allerdings seine Wurzeln im Tango wiederentdeckte: „Für seinen Dokumentarfilm stürzte sich der Sohn von Piazzolla, Daniel Rosenfeld in die Privatsammlung der Familie. Zusammengekommen sind einzigartige Aufnahmen zahlreicher Auftritte und intime Familienfilme, die zusammen ein lebendiges Porträt von Astor Piazzolla ergeben." (filmstarts.de) ------- 2040 - WIR RETTEN DIE WELT! (ab 7.11.) hat nicht nur ein ähnliches Thema wie 'But Beautiful' sondern focussiert sich ebenfalls auf positive Lösungsansätze bei dem Versuch, sich die Welt im Jahr 2040 vorzustellen: „Strukturiert hat der Regisseur seinen Film als visuellen Brief an seine 4-jährige Tochter. Er kombiniert traditionelles Dokumentationsmaterial mit gespielten Sequenzen und visuellen Effekten, um eine Vision der Zukunft zu erstellen, wie er sie sich nicht nur für sein eigenes Kind wünscht." (filmstarts.de) ------- In SONGS OF FREEDOM (ab 7.11.) geht es um die kanadische Sopranistin Measha Brueggergosman, die „Freedom Songs" aus Afrika singt und erforscht, die mit dem Sklavenhandel nach Nordamerika kamen. Die Sängerin begibt sich dabei auch auf die Spuren ihrer eigenen Familiengeschichte, die zweihundert Jahre zurück bis nach Kamerun reicht. ------- Völlig anders gelagert ist dagegen die Wissenschaftsdoku HUMAN NATURE: DIE CRISPR REVOLUTION (ab 7.11.) über die Möglichkeiten, Grundlagen und Gefahren der neuen Genschere „Crispr", die ganz neue Horizonte in der Biologie und vor allem in der Medizin eröffnet. Vorgestellt werden Wissenschaftler, die die Genschere entdeckt haben, Familien, die von ihrer Anwendung profitieren könnten, sowie Bioingenieure, die ihren Einsatz vorantreiben wollen. ------- In einer weiteren Wissenschaftsdoku geht es noch tiefer hinab in die Feinstrukturen der Materie, denn in DIE SINFONIE DER UNGEWISSHEIT (ab 7.11.) reist die promovierte Physikerin Claudia Lehmann, die aber schon lange als Filmemacherin bzw. Videokünstlerin arbeitet, zum größten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem DESY in Hamburg, um u.a. der alten Frage nachzuspüren, was die Welt im Innersten zusammenhält. „Hier bringen Claudia Lehmann und Konrad Hempel für ihren Dokumentarfilm „Die Sinfonie der Ungewissheit" ungewöhnliche Personen zusammen, um über das Leben zu sprechen: eine Schamanin, den Physikprofessor Gerhard Mack und andere Wissenschaftler. Sie alle konfrontieren die Filmemacher mit der Frage zu unserer Existenz. Weltsichten kollidieren. Und schnell wird klar: Einfache Wahrheiten gibt es nicht." (Deutschlandfunk Kultur) ------- Regisseur Anton Corbijn ('Control', 'The American') begleitete die legendäre Elektronik-Band Depeche Mode während ihrer 'Global Spirit Tour' 2017/2018, die bei 115 Konzerten vor fast 3 Millionen Fans spielte. Dabei hat er in DEPECHE MODE: SPIRITS IN THE FOREST (ab 21.11.) nicht nur die Begeisterung und die Perfomance z.B. auch bei den finalen Auftritten in der Berliner Waldbühne eingefangen, er warf auch einen Blick hinter die Kulissen und porträtierte sechs besondere Anhänger, um die zeitlose Relevanz der Band zu vermitteln. ------- Der Dokumentarfilm DICKTATORSHIP (ab 28.11.) der beiden Filmemacher Luca Ragazzi und Gustav Hofer schließlich sucht nach den Ursprüngen des männlichen Chauvinismus und nimmt dabei speziell die Verhältnisse in Italien genauer unter die Lupe, einem Land, in dem es 887 Umschreibungen für den Penis geben soll: „Von den Mussolinis, Berlusconis und Casanovas des Landes inspiriert, wollen sie ergründen, warum viele Gesellschaften noch immer so vom männlichen Geschlecht getrieben sind und was die Dreifaltigkeit aus Penis, Macht und Politik so anziehungskräftig für die Menschen macht..." (filmstarts.de)
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